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Im Oscar-Rennen. Der Setdekorateur Bernhard Henrich.

© Paul Zinken/dpa

"Bridge of Spies": Oscar-Chancen für Babelsberg: Vom Schaufensterdekorateur zum Oscar-Kandidaten

Der Filmdekorateur Bernhard Henrich hat Steven Spielbergs Agententhriller „Bridge of Spies“ ausgestattet – und könnte jetzt einen Oscar nach Babelsberg holen.

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Potsdam - Er wollte erst seinen Augen kaum trauen: Bernhard Henrich, der als Filmdekorateur für Studio Babelsberg arbeitet, ist im Rennen um die begehrten Oscars. Der 63-Jährige hat Steven Spielbergs „Bridge of Spies“ ausgestattet – und ist für die Arbeit an dem Film nun gemeinsam mit seiner US-Kollegin Rena DeAngelo und dem US-amerikanischen Szenenbildner Adam Stockhausen für den Oscar in der Kategorie „Production Design“ nominiert – eine von sechs Oscar-Nominierungen für den vom Studio Babelsberg koproduzierten Film (PNN berichteten). Wenn der Agentenfilm bei der Verleihung am 28. Februar in Hollywood gewinnt, dann darf auch Henrich mit auf die Bühne im „Dolby Theatre“ – und er könnte einen Oscar nach Babelsberg holen.

Henrich war von der Nominierung selbst überrascht

„Ich habe die Bekanntgabe in meiner Berliner Wohnung über das Internet verfolgt“, erzählt Henrich: „Als ich meinen Namen gelesen habe, hat mich glatt der Schlag getroffen.“ Viel Zeit, um sich von dieser Überraschung zu erholen, hatte der 63-Jährige nicht. „Plötzlich klingelte das Telefon. Der große amerikanische Production Designer Adam Stockhausen war am Apparat und sagte, dass ich auch nach London zum britischen Filmpreis Bafta kommen müsste. Auch hier würde ich auf der Nominiertenliste stehen.“ Wieder musste Henrich kräftig schlucken. „Mein Gott, jetzt muss ich mir auch einen Smoking zulegen. Die Verleihung findet im Kensington Palace statt. Vielleicht sind da ja auch Royals.“

Henrich wurde 1952 im saarländischen Niederwürzbach geboren. Früh habe er seinen Hang zum Gestalten und Dekorieren entdeckt. Als er sich zum Schaufensterdekorateur ausbilden ließ, waren seine Eltern vom Berufswunsch ihres Jungen wenig begeistert. Später zog es ihn nach Berlin, er wurde zunächst als Theaterplastiker vom Schiller-Theater engagiert. „Normalerweise ist das ein Studienberuf. Aber ich konnte durch meine Ideen und Entwürfe überzeugen“, sagt er.

Seit mehr als 15 Jahren arbeitet Henrich auch in Babelsberg

Mitte der 1970er wechselte er zum deutschen Film. „Als das Angebot kam, dort als Requisiteur anzufangen, habe ich nicht lange überlegen müssen.“ Mit der Literaturverfilmung „Der Zauberberg“ von Regisseur Hans W. Geißendörfer feierte Henrich seinen internationalen Durchbruch.

In den 1990er-Jahren stieg er zum Set Decorator auf, wie der Beruf in der US-Filmsprache heißt. Während der Requisiteur lediglich für die Beschaffung von beweglichen Ausstattungsgegenständen zuständig ist, sei der Set Decorator einige Stufen weiter oben angesiedelt. „Ich trage konzeptionell mit Sorge dafür, dass die Vision von Szenenbild und Regie sich in der Einrichtung der Sets wiederfindet“, erklärt Henrich. Dazu gehöre die Auswahl, Budgetierung und Platzierung aller Dekorationsgegenstände, die die zu erzählende Geschichte unterstützen.

Seit gut 15 Jahren ist Henrich bei den internationalen Produktionen von Studio Babelsberg dabei: Er arbeitete dort etwa für „Die Bourne Verschwörung“ mit Matt Damon, für Roman Polanskis „The Ghostwriter“, für „Monuments Men“ von Regisseur George Clooney oder den Märchenfilm „Die Schöne und das Biest“.

Der Dreh am Originalschauplatz gab den "Extra-Kick"

Die künstlerische Abteilung der Babelsberger Studios sei phänomenal. „Die machen alles das möglich, was woanders überhaupt nicht gehen würde“, sagt er. „Auch Steven Spielberg schwärmt von dem Studio. Die Babelsberger haben es ihm ermöglicht, am Originalschauplatz auf der Glienicker Brücke zu drehen.“ Das habe allen Beteiligten einen „Extra-Kick“ versetzt. Für die Dreharbeiten von „Bridge of Spies“ war die Brücke im Spätherbst 2014 mehrere Tage lang komplett gesperrt. Spielberg erzählt in dem Film die Geschichte hinter dem ersten Agentenaustausch auf der Brücke 1962.

Dem 63-Jährigen stehen im Februar zwei hochspannende Wochen bevor. Zuerst geht es am 14. Februar nach London zum britischen Filmpreis. 14 Tage später steht die Oscar-Verleihung an.

Ein deutscher Oscar-Nominierter ist eine Besonderheit, auch für Studio Babelsberg

Dass ein deutscher Set Decorator nominiert ist, ist eine Besonderheit, auch für Studio Babelsberg. Als sich das Studio 2015 über die vier Oscars für „Grand Budapest Hotel“, darunter auch einen für das „Production Design“ und damit die Arbeit der Babelsberger Filmhandwerker, freute, ging der begehrte Goldjunge selbst in die USA und nach Großbritannien – für Setdekorateurin Anna Pinnock und Set Designer Adam Stockhausen.

Henrich sieht den Preisgalas jedenfalls gespannt entgegen. „Den Umgang mit Stars wie George Clooney bin ich gewohnt. Das sind alles ziemlich normale Menschen“, sagt er. „Aber die Oscars und die Baftas sind für mich total außerirdisch. Ich muss mich andauernd kneifen, um zu begreifen, dass ich nicht träume.“ (dpa)

Georg-Stefan Russew

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