zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Vom Swing in der Physik

BrISaNT-SommerMINTCollege lenkt Schülerinteressen auf Berufe in Naturwissenschaft und Technik

Stand:

Wenn Musik swingt, dann ist es die Physik, die dabei schwingt. Wie beides harmonisch zusammenspielt, das erfuhren naturwissenschaftlich interessierte Mädchen und Jungen am Montag in einem Workshop zum Auftakt des 1. SommerMINTColleges in der Universität Potsdam. „Ich habe gelernt, dass im Grunde jedes Klavier verstimmt ist“, erzählt Leonhard Glaesmer lachend. Der 18-jährige Gymnasiast könnte sich gut vorstellen, in Potsdam Physik zu studieren. Als Student auf Probe nutzt er deshalb das einwöchige College, um die Universität, aber auch künftige Betätigungsfelder in wissenschaftlichen Instituten und Wirtschaftsunternehmen kennen zu lernen.

So wie Leonhard haben sich 63 Schülerinnen und Schüler aus Brandenburg beim Sommercollege eingeschrieben, um sich über Studien- und Berufsmöglichkeiten in den so genannten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu informieren. Noch immer ist hier die Nachfrage unter den Jugendlichen zu gering. So will das Projekt vor allem Interesse wecken und neuartige Studienrichtungen vorstellen. „Biologie und Informatik – das kennen die Schüler. Von Bioinformatik aber hat noch kaum jemand etwas gehört“, so Kerstin Schotter von Organisationsteam.

Ein besonderes Anliegen des Colleges ist es, jungen Frauen Berührungsängste vor technischen Berufen zu nehmen. Bianca Höfer, eine der betreuenden Tutorinnen, hat als Schülerin selbst an einem ähnlichen Projekt teilgenommen und studiert heute Physik. Weibliche Studenten seien in ihrem Fachbereich in keiner Weise benachteiligt, erzählt sie. Probleme sieht die angehende Physikerin erst im Berufsleben auf sich zukommen, wenn Arbeit und Familie miteinander zu vereinbaren sind. Auch darüber wird im College gesprochen.

Dass Frauen in für sie untypischen Berufen bestehen können, bewies eine Gruppe von Schülerinnen gestern während einer Exkursion in die Potsdamer Fachhochschule. Als „Bauingenieurinnen“ konstruierten sie ohne Verbindungsmittel das Modell einer „Chinesischen Brücke“ und testeten deren Traglast. Noch durfte das Modell am Ende einstürzen. Für die Potsdamer Helmholtz-Schülerin Änne Verworner könnte es jedoch bald ernst werden. Sie hat sich bereits entschieden, Bauwesen zu studieren. „Mein Traum wäre Architektur gewesen, andererseits organisiere ich auch gern. Als Bauingenieurin habe ich eine Mischung aus beidem“, weiß die junge Frau, die sich den Beruf beim Vater abgeschaut hat.

Während sich die Mädchen in den FH-Laboratorien weiter mit Fragen der Statik, der Festigkeit von Bodenarten und dem Strömungsverhalten von Wasser beschäftigten, begaben sich die Jungen in der FH auf die eher weiblich dominierten Berufsfelder im Sozialwesen. Das MINTCollege, das von der Brandenburger Initiative Schule und Hochschule auf dem Weg zur Naturwissenschaft und Technik (BrISaNT) organisiert wird, will mit diesem eintägigen „Rollentausch“ eine Auseinandersetzung mit Berufsklischees provozieren. Bei den sieben Jungen, die sich darauf eingelassen hatten, hinterließ dieses Experiment nachhaltigen Eindruck. Wo sonst hätten sie sich aus Beratersicht mit Erziehungsfragen, Krisenintervention und sozialen Konfliktlagen beschäftigen können. Auf besonderes Interesse stieß bei ihnen die Schuldnerberatungsstelle, in der Studenten der Fachhochschule Menschen mit Finanzproblemen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Immer mehr Jugendliche seien davon betroffen, berichtete Jens Henneberg. Der 16-jährige Dennes Krebs aus Brandenburg hatte dem angehenden Sozialarbeiter aufmerksam zugehört, auch wenn er lieber bei den Bauingenieuren gewesen wäre. Dafür aber hat er bald neue Gelegenheit. Das nächste MINTCollege findet bereits in den Herbstferien statt.

Antje Horn-Conrad

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })