
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Vom Wachsen und Werden
Die Flick-Stiftung gegen Intoleranz erhöht zum zehnten Geburtstag ihr Kapital um eine Million Euro
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Das Geburtstagsgeschenk kann sich sehen lassen: Eine Zustiftung in Höhe von einer Million Euro gibt Friedrich Christian Flick anlässlich des zehnten Jubiläums der von ihm 2001 in Potsdam ins Leben gerufenen F.C. Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz. Damit erhöht er das Stiftungskapital auf sechs Millionen Euro. Zudem soll ab 2012 ein mit 10 000 Euro dotierter Preis für Toleranz und Zivilcourage ausgelobt werden: Im Drei-Jahres-Rhythmus sollen mit dem „Steh-auf-Preis“ bundesweit Einzelpersonen oder Institutionen geehrt werden – Vorschläge nimmt die Stiftung bis Ende Mai 2012 entgegen, über den Preisträger entscheidet eine Jury.
Das erklärte der Stifter gestern in der Rosa-Luxemburg-Grundschule – die Stiftung verbindet seit 2005 eine Patenschaft mit der Schule in der Burgstraße. Erinnert sei etwa an das Aufsehen erregende Tanzprojekt „Tryst“, bei dem Luxemburg-Schüler unter Anleitung des renommierten britischen Choreographen Royston Maldoom zusammen mit Schulverweigerern auf der Bühne des Hans Otto Theaters standen.
Eine Tanzaufführung der Luxemburg-Kinder sollte es auch zur Geburtstagsfeier der Stiftung am gestrigen Donnerstagabend im Schloss Cecilienhof geben. Wie Großes aus Kleinem entsteht – ein breiter Strom aus Wassertropfen oder ein schattenspendender Baum aus einem Samenkorn – das erzählten die Schüler tänzerisch in farbenfrohen Kostümen. Es waren Auszüge aus dem Stück „Vom Wachsen und Werden und vom Miteinander“ – ein Titel, der auch als Motto der Arbeit der Flick-Stiftung dienen könnte.
Als Deutscher mit einer „belasteten Familiengeschichte“ – Flicks Großvater war der Industrielle Friedrich Flick, dessen Stahlkonzern das Nazi-Regime unterstützte, Zwangsarbeiter beschäftigte und von jüdischen Enteignungen profitierte – habe er sich über den Fonds zur Entschädigung von Zwangsarbeitern hinaus persönlich für Versöhnung engagieren wollen, erklärte Flick gestern seine Beweggründe zur Stiftungsgründung. Als der Kunstsammler, Geschäftsmann und Wahlschweizer 2001 nach Berlin kam, habe er Vorurteile und Intoleranz gegenüber Menschen aus anderen Ländern erlebt und sei regelrecht „bestürzt“ gewesen. Dieser Entwicklung habe er entgegentreten wollen. „Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit entsteht fast immer aus Unkenntnis und im jugendlichen Alter“, sagt Flick. Daher sollte die neue Stiftung genau in dieser Altersgruppe ansetzen.
Zehn Jahre später zieht er eine Erfolgsbilanz: Mit insgesamt 1,34 Millionen Euro habe die Stiftung 220 Projekte unterstützt – darunter etwa die Arbeit mit Zeitzeugen des Holocaust, internationale Jugendtreffen, deutsch-polnische Schüleraustausche und christlich-jüdische Begegnungen. Insgesamt sind so mehr als 81 000 Kinder und Jugendliche aus 42 Nationen erreicht worden.
Der Fokus liegt dabei auf den neuen Bundesländern. Dass Fremdenfeindlichkeit hier besonders ausgeprägt war, ist für den Theologen Friedrich Schorlemmer aus dem Stiftungsvorstand eine „Langzeitwirkung der DDR“: Während die DDR offiziell „strikt fremdenfreundlich“ gewesen sei, seien ausländerfeindliche oder antisemitische Tendenzen „nicht bearbeitet“ worden – nach der Wende sei vieles davon „hochgekommen“.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) lobte die Flick-Stiftung gestern als „ganz wichtigen Baustein“ beim Engagement für Zivilcourage und gegen Fremdenfeindlichkeit: „Solange wir solche Partner haben, werden wir die nicht kleiner werdenen Probleme auch in Zukunft bewältigen.“
In Potsdam unterstützte die Stiftung neben der Luxemburg-Schule unter anderem die Schülerwerkstatt im früheren Stasi-Gefängnis in der Lindenstraße, den Mädchentreff „Zimtzicken“, das deutsch-israelische Kunstprojekt „David und Julia auf Spurensuche in Potsdam“ und integrative Mädchenfußballcamps.
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