Landeshauptstadt: Von Bäumen und Engpässen
Bei der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch standen Infrastrukturprobleme im Mittelpunkt
Stand:
Weniger Baumschutz, weiterer Diskussionsbedarf zur Biosphäre und zu diversen Engpässen bei sozialer Infrastruktur – die Stadtverordneten haben am Mittwoch eine lange Tagesordnung abgearbeitet. Die PNN geben eine Übersicht zu den wichtigsten Entscheidungen und Debatten im Plenum.
JUGENDKLUB-MISERE
Einen offenen Brief haben Teenager aus dem maroden Jugendklub „Ribbeckeck“ in Bornstedt vor den Stadtverordneten verlesen. Dabei forderten sie unter anderem die seit Jahren ausstehende Sanierung der Außenfassade des Hauses. Wegen dieser würden die Nutzer inzwischen automatisch als asozial abgestempelt, so die Jugendlichen. „Uns reichen die vielen Versprechungen der Stadt“, hieß es weiter. Wie berichtet ist die Sanierung des im Winter noch mit Kohleöfen geheizten Klubs an der Potsdamer Straße vom Tisch, weil die Arbeiten mit 1,2 Millionen Euro doppelt so teuer wie geplant wären, wie das Rathaus vor einem Jahr erklärt hatte. Auch der vielfach geforderte Neubau eines Jugendklubs für das nahe Bornstedter Feld stockt, weil keine Flächen mehr verfügbar sind. Eine Arbeitsgruppe im Jugendhilfeausschuss sucht seit einigen Wochen nach Lösungen.
FAHRLÄNDER MACHEN MOBIL
Unter anderem gegen die Engpässe bei Kita- und Schulplätzen in Fahrland hat eine neu gegründete Bürgerinitiative rund einen Monat lang mehr als 1000 Unterschriften gesammelt – das ist jeder vierte Bürger in dem Ortsteil. Diese wurden vor den Stadtverordneten an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) übergeben. Initiativensprecherin Tina Lange sagte, auch der öffentliche Nahverkehr für den Ortsteil sei nicht ausreichend, die wenigen Busverbindungen häufig überfüllt. Zudem mangele es an Fachärzten und ordentlich nutzbaren Rad- und Gehwegen. All diese Punkte will die Initiative nun bei einer Bürgerversammlung mit der Stadtverwaltung besprechen.
LAXER BAUMSCHUTZ
Der Schutz für Potsdamer Bäume vor ungenehmigten Fällungen wird nach jahrelanger Debatte gelockert. Das haben die Stadtverordneten gegen die Stimmen der Grünen, einzelner Linker und der Fraktion Die Andere beschlossen. Das Papier sieht unter anderem vor, dass in der Innenstadt alle Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 45 Zentimetern nicht ohne Genehmigung gefällt werden dürfen, im äußeren Stadtbereich gilt ein Stammumfang von 60 Zentimetern. Der Ursprungsentwurf sah vor, dass Bäume erst ab einem Umfang von 60 Zentimetern vor Axt oder Säge geschützt gewesen wären. Dagegen waren Naturschützer Sturm gelaufen – so auch gegen die nun beschlossene Regel, dass Bäume, die weniger als drei Meter neben einem Haus stehen, künftig ohne Antrag gefällt werden dürfen. Grünen-Fraktionschef Peter Schüler kritisierte, für die neue Verordnung fehle sogar eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, daher bestehe das Risiko erfolgreicher Klagen gegen die Verordnung. Dem widersprach Stadtplanungschef Andreas Goetzmann.
DEBATTE ZUM TOURISMUSMARKETING
Massiven Änderungsbedarf sehen die Grünen auch bei den Plänen der Stadt, die kommunale Potsdam Marketing und Service GmbH (PMSG) über 2017 hinaus für weitere zehn Jahre mit dem Tourismus- und Kulturmarketing der Stadt zu betrauen. Zunächst sind für die Arbeit der PMSG für dieses Jahr 1,23 Millionen Euro vorgesehen. Über die künftigen Zuschüsse sollen jeweils die Stadtverordneten im Zuge der Haushaltsverhandlungen entscheiden.
Dieses gesamte Vorgehen wollen die Grünen, die im vergangenen Winter die Rathauskooperation mit SPD und CDU/ANW aufgekündigt haben, nicht einfach absegnen. Sie haben beantragt, den Auftrag an die PMSG zunächst nur auf drei Jahre zu begrenzen und dann die geleistete Arbeit zu evaluieren. Zudem müsse geprüft werden, ob das Tourismusmarketing mit dem geplanten Leistungsumfang einer europaweiten Ausschreibung bedürfe. Bekanntlich hatte sich die Stadt schon einmal 2015 bei der Vergabe des Tourismusmarketings blamiert: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte damals festgestellt, dass der damals geltende Vertrag der Stadt mit der landeseigenen Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH rechtswidrig zustande kam und daher unwirksam ist. Grund waren schwere Fehler bei der Vertragsvergabe ohne ordentliche Ausschreibung. Der Grünen-Antrag wird nun im Hauptausschuss behandelt.
Vom Tisch ist die zunächst erwogene Schließung der Touristen-Info im Hauptbahnhof. Der dortige Mietvertrag gelte noch bis Ende 2018, sagte Oberbürgermeister Jakobs. Für den Weiterbetrieb wünsche er sich neben der Weißen Flotte und der Schlösserstiftung noch weitere Partner – damit sich die Kosten auf mehr Schultern verteilen können.
VIELE FRAGEN ZUR BIOSPHÄRE
Die Debatte um die Zukunft der chronisch defizitären Biosphäre geht weiter. Im Stadtparlament legten die Grünen einen Antrag vor, weitergehende Ideen für die Tropenhalle zu prüfen. Bis Juli soll die Stadt demnach ein Konzept vorlegen, wie an dem Standort etwa ein Bürgertreff oder ein Jugendklub eingebunden werden kann. Grund seien die fehlenden Angebote für urbanes Leben im Bornstedter Feld. Zuletzt hatte die Stadt eine Variantenprüfung vorgelegt, die einen Weiterbetrieb der Tropenhalle vorsieht. Doch die Absicht der Stadtspitze, die Halle zu sanieren und wieder zu verschönern, für 20 Jahre an einen privaten Investor abzutreten und dafür zunächst mit 1,9 Millionen Euro pro Jahr noch mehr Geld als bisher zu zahlen, sorgt in der Stadtpolitik wie berichtet für erhebliche Bedenken. Nun soll der Antrag der Grünen in den Fachausschüssen beraten werden.
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