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Neue Erkenntnisse zu Otto Dix und dem Krieg
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Die Bilder von Otto Dix stehen für den Schrecken des Ersten Weltkrieges wie kaum eines anderen deutschen Künstlers Werke. Seine Darstellungen von Verwundeten, Toten in den Schützengräben, aber auch von versehrten Veteranen, mit Alkohol und Prostituierten ins Bild gesetzt, sind von schockierendem Realismus gezeichnet. Mit neuen Forschungen zu Otto Dix (1891-1969) beschäftigte sich vergangenen Freitag das Institut für Künste und Medien an der Uni Potsdam. Unter anderem war auch Professor Olaf Peters aus Halle nach Potsdam gekommen, um über neue Erkenntnisse und Funde von Dix’ Arbeiten zum Krieg zu sprechen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ausstellung „Otto Dix. Der Krieg“, die noch bis 13. Juli in Dresden zu sehen ist, berichtete Olaf Peters, von der Kriegsmappe mit rund 50 Blättern, die nun von den Kunsthistorikern erschlossen wurde. Die Entstehungsgeschichte hat Peters recherchiert: Aus einem Briefwechsel gehe hervor, dass es von staatlicher Seite 1923 eine Anfrage an Dix gab, nach dem Krieg antifranzösische Propagandakunst zu machen, er sollte das Leid der deutschen Bevölkerung in den besetzten Gebieten im Ruhrgebiet thematisieren. Dix verweigerte sich dem, produzierte dann aber 1924 den Zyklus „Der Krieg“ bestehend aus 50 Radierungen in fünf Mappen.
Bereits zu Anfang des Ersten Weltkriegs entstanden eine Reihe von Selbstbildnissen als Soldat und während seiner Frontzeit zwischen 1915 und 1918 gut 400 Zeichnungen und Gouachen. Dix wurde als Ersatz-Reservist zum Kriegsdienst eingezogen. Das „Selbstbildnis als Soldat“ aus dem Jahre 1914 zeigt den Maler in einer Pose, die sich wie Olaf Peters demonstrierte, mit ihrer nach links geneigten Kopfhaltung auf eine Büste von Nietzsche bezieht. So habe Dix sich auch auf die Lektüre von Nietzsches „Die fröhliche Wissenschaft“ berufen, sich in dessen Gedankenbilder von den schönen „gefährlichen Leibern“ hineinprojiziert. Nietzsches Visionen von gierigen Wellen, von wollenden Menschen und einem verbindenden Geheimnis regte Dix an. In dieser Zeit kann man also noch eine Überhöhung des Kriegs bei Dix annehmen. Nach dem Krieg aber schließlich macht Peters eine Wandlung bei Dix aus. Das monumentale Triptychon „Der Krieg“ (1929-1932) sieht er als eine Warnung vor dem Krieg. Auf vier Tafeln wird der Krieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ abgebildet.
Eine interessante These schließlich hat der Kunsthistoriker Peters zu Otto Dix’ Darstellung von Sadismus, Prostitution und verletzten Leibern. Hier habe sich Dix durch Erich Wulffens Sexualverbrecher-Buch aus dem Jahr 1910 inspirieren lassen. Peters macht einen Zusammenhang mit dem Krieg aus: Durch diese Rückgriffe auf Mord und Sexualverbrechen habe Dix als einziger deutscher Künstler seiner Zeit thematisiert, dass es für einige Menschen auch lustvoll sein kann, in den Krieg zu ziehen, dass ihnen das Töten Lust verschafft habe. Jan Kixmüller
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