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Landeshauptstadt: Von Drohnen, Spinnen und Löwen

Beim Smart Production Day konnten Filmschaffende neueste Technik in der Außenkulisse von Studio Babelsberg ausprobieren

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Babelsberg - Mit lautem Gebrumm hebt die Kameradrohne ab. Von einer Haltevorrichtung vorne an einem Auto geht es steil nach oben, die gefilmten Bilder werden direkt übertragen auf eine Leinwand. Angetrieben von Propellern an acht Armen dreht die Drohne ihre Runden über der „Neuen Berliner Straße“ von Studio Babelsberg. Bis hoch über den Rand der Kulissenwände von Stadthäusern in verschiedenen Architekturstilen – nur nicht über die Besucher, das ist aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt.

Die Drohne ist einer der Hingucker und vor allem Hinhörer des Smart Production Days in der Filmkulisse „Neue Berliner Straße“ des Studio Babelsberg. Erstmals organisierte das Studio am gestrigen Freitag einen solchen Schautag für Produzenten, Kameraleute, Regisseure und andere Filmschaffende. Sie konnten sich dort über die neueste Filmtechnik informieren, vieles ausprobieren und die Möglichkeiten des Filmsets erkunden. So sollen auch neue Produktionen an den Standort gelockt werden.

Die Außenkulisse „Neue Berliner Straße“ wurde fast auf den Tag genau vor einem Jahr auf 15 000 Quadratmetern neu eröffnet. In dem 16-Millionen-Euro-Projekt wurden bisher vor allem hochwertige Serien gedreht – unter anderem „Babylon Berlin“ von Tom Tykwer oder derzeit die zweite Staffel der amerikanischen Geheimdienstserie „Berlin Station“.

Dutzende Filmschaffende sind der Einladung gefolgt und gehen von Station zu Station. Besonders groß ist die Anziehungskraft einer sogenannten Spidercam, Spinnenkamera. Diese läuft an langen Seilen, die an vier Kränen befestigt sind. „Bisher begleiten wir mit dieser Technik vor allem Fußballspiele oder derzeit die Tournee von Coldplay. Filmdrehs sind für uns Neuland“, erklärt Philip von Senden, Geschäftsführer von Spidercam. Das Besondere an der Kamera: „Wir können Verfolgungsfahrten oder Läufe dreidimensional drehen und auch Überkopfbilder machen.“

Für Filmausstatter Bernhard Henrich ist die Spidercam eindeutig einer der Höhepunkte des Entdeckungstages. „Damit kann man so flexibel filmen, sogar in Bodenhöhe“, sagt er. Der Set Decorator, der mit seiner Ausstattung für „Bridge of Spies“ für einen Oscar nominiert wurde, analysiert aber gleich die praktischen Aspekte. „Diese Technik muss man bei der Gestaltung der Straße miteinbeziehen, darf die Laternen nicht zu eng stellen, um für eine Verfolgungsjagd Platz zu lassen.“

Der Filmproduzent Tom Zickler lässt sich im Detail die Kameras erklären, die der Technikverleiher Arri Rental mitgebracht hat. Zickler, der mit Til Schweiger unter anderem „Keinohrhasen“ und „Barfuß“ produziert hat, hat dieses Jahr gemeinsam mit dem Studio Babelsberg eine eigene Produktionsfirma gegründet, Traumfabrik Babelsberg. Mit ihr plant er für nächstes Jahr die erste Eigenproduktion. „Ich schaue mich hier konkret nach Technik für mein Projekt um“, erklärt er. Daneben sei der Smart Production Day „wie ein Klassentreffen“.

In der Tat kennen sich viele. „In dieser Branche läuft so viel über nette Gespräche“, betont Riccarda Caiati, Marketing- Managerin bei Arri Rental. Dieser Tag sei nicht nur eine Gelegenheit, sich auf den neuesten Technikstand zu bringen und die Studiomöglichkeiten zu begutachten, sondern auch in lockerer Atmosphäre in Kontakt zu kommen mit Kollegen.

Besonders stolz ist Marketing-Direktorin Caiati auf den sogenannten Hexatron. Dieses massive schwarze Gefährt mit dicken Reifen und meterlangem, ausfahrbarem Arm erinnert an eine Mischung aus Kran und Riesentraktor. Und wirklich wurde er aus einem Landwirtschaftsfahrzeug entwickelt. Das mehr als zwei Tonnen schwere Gefährt, an dessen Kran eine Kamera befestigt ist, kann auch zum Dreh auf unwegsamem Terrain genutzt werden. Ob Berg oder Wiese, sogar durch kleine Wasserläufe kann der Hexatron fahren, um vor Ort drehen zu können. Drei Stück gibt es davon weltweit. Laut Studio-Babelsberg-Chef Christoph Fisser wurde der innovative Kamerakran erstmals bei der Studio-Produktion „Radegund“ von Regisseur Terrence Malick eingesetzt.

Doch nicht jede vorgestellte Technik kommt so imposant wie der Hexatron daher. Manchmal geht es auch um Details. Die 3D-Drucker des 3D-Labors, das zum Art Department des Studio Babelsberg gehört, fertigen Einzelteile und Requisiten. Gerade wird Schicht für Schicht ein Löwenkopf gedruckt, der als Türklopfer einen Ring im Maul tragen soll. Das dauert mehrere Stunden, aber der Drucker arbeitet selbstständig daran. „Ein Regisseur wollte einmal unbedingt ein Schwert, das genau aussehen sollte wie das einer Statue in Spandau“, erzählt Produktdesigner Sebastian Voigt. „Also haben wir das gescannt und in mehreren Exemplaren in 3D gedruckt.“

Inzwischen ist die Drohne wieder wohlbehalten in einem Schaumstoffring gelandet. Matthias Piper, der Pilot, tätschelt sie fast liebevoll. Erst vier Wochen ist dieses Fluggerät alt, es kann vom fahrenden Auto aus starten und von einer gedrehten Dialogszene ohne Schnitt in eine Luftaufnahme übergehen. Und so neue Perspektiven liefern auf das Set.

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