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Landeshauptstadt: Von Essen: Klage gegen Jakobs

Entlassener Chef des Gesundheitszentrums erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt

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Entlassener Chef des Gesundheitszentrums erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt Von Sabine Schicketanz Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) droht eine Klage wegen Verleumdung und übler Nachrede. Dies hat gestern der vor einem Jahr entlassene Geschäftsführer des Potsdamer Gesundheitszentrums (GZP), Dr. Hans-Joachim von Essen, angekündigt: „Ob Klage eingereicht wird, prüfen zurzeit meine Anwälte.“ Von Essen war am 22. November 2002 von Oberbürgermeister Jakobs – er ist Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen GmbH Gesundheitszentrum – fristlos gekündigt worden. Als Grund nannte die Stadtverwaltung damals den Verdacht der „schwerwiegenden Pflichtverletzung zu Lasten des Unternehmens“. Ihm aber habe Jakobs zunächst gar keine Gründe für die Kündigung genannt, sagt von Essen. Er habe am 22. November 2002 einen zuvor vereinbarten Termin mit Jakobs wahrgenommen und nicht geahnt, was auf ihn zukommen sollte: „Herr Jakobs sagte mir, dass er mir lediglich mitteilen wolle, dass mein Anstellungsvertrag mit dem GZP mit sofortiger Wirkung fristlos gekündigt ist.“ Zudem sei ihm sofort ein Hausverbot für das GZP erteilt worden. Erst zehn Tage später, so von Essen, habe er erfahren, warum Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung seine fristlose Kündigung beschlossen hatten. In einer über acht Jahre verfassten Liste habe einer seiner Mitarbeiter, der gleichzeitig Betriebsratsvorsitzender gewesen sei, über 100 Gegenstände aufgeführt, mit denen sich von Essen angeblich persönlich bereichert haben sollte. „Darunter waren auch Steckdosen, Kabel und Fenstergriffe.“ Eine Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, habe er nicht gehabt, so von Essen. Das Potsdamer Landgericht teilt diese Einschätzung des entlassenen Geschäftsführers. In einer Verhandlung schloss das Gericht am 1. Oktober 2003 einen Vergleich, nach dem die Stadt die fristlose Kündigung für von Essen zurücknehmen musste. Dem Kläger sei keine Gelegenheit eingeräumt worden, sich zu äußern, so das Gericht. Es sei zudem nicht ersichtlich, „welche möglichen Aufklärungsmaßnahmen zu den erhobenen Vorwürfen vor Ausspruch der Kündigung“ unternommen worden seien. „Die beiden Parteien sind sich darüber einig, dass unter Berücksichtigung der Ausführungen des Gerichts kein Grund für eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags des Klägers ersichtlich ist“, heißt es im Vergleichstext. Zudem muss die Stadt nun das Gehalt zahlen, das von Essen seit seiner Kündigung zugestanden hätte – eine sechsstellige Summe. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte zuvor Anfang August die Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue gegen von Essen „wegen Geringfügigkeit“ eingestellt. Von Essen ist nun wieder Geschäftsführer des GZP, von seinen Aufgaben ist er aber freigestellt. Am 31. Dezember dieses Jahres läuft sein regulärer Anstellungsvertrag aus. Eine öffentliche Entschuldigung, die von Essen für angemessen hält, werde es von der Stadt nicht geben, so Sprecherin Regina Thielemann. Es sei zudem noch ein weiteres Verfahren anhängig. Darin soll es, so von Essen, aber um Nebensächlichkeiten gehen. Von Essen, der das GZP bei seiner Gründung als Nachfolgeeinrichtung der Poliklinik im Sommer 1992 übernommen hatte, sagt, er verstehe bis heute nicht, warum er gekündigt worden ist. „Das GZP hat immer schwarze Zahlen geschrieben.“ Es gelte als Vorzeigemodell für Gesundheitszentren, so von Essen, der seit 1970 im ehemaligen Bezirkskrankenhaus Potsdam Leiter der Biomedizintechnik war, als Parteiloser in die Volkskammer unter de Maizière gewählt wurde und später in die CDU eintrat. Vielleicht habe die Stadt den Geschäftsführerposten mit einem „genehmeren Mitarbeiter“ besetzen wollen, vermutet er. Von Essen hatte sich gegen den von Jakobs geplanten Verkauf des GZP ausgesprochen. „Das GZP muss in kommunaler oder gemeinnütziger Trägerschaft sein, sonst verliert es die Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung.“ Dies habe auch ein Rechtsgutachten der Stadt ergeben. Wegen dieser Frage habe er sich aber nicht mit Jakobs überworfen. „Ich habe ihn sogar als Oberbürgermeister gewählt“, so von Essen.

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