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Landeshauptstadt: Von Quersubvention bis Abrissantrag

Um das Baudenkmal Villa Schöningen wurde jahrelang gestritten – die Chronologie eines Konflikts

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Berliner Vorstadt - Die von Ludwig Persius entworfene Villa Schöningen hat herausragende architektonische Bedeutung. Doch der Versuch, dieser gerecht zu werden, war bisher nicht von Erfolg gekrönt – stattdessen gab es jahrelang Streit um die Zukunft des Baudenkmals an der Glienicker Brücke.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1995. Damals erwarb Dieter Graalfs – er war unter anderem mit dem damaligen Unternehmen Groth & Graalfs Bauträger des Kirchsteigfeldes – die verfallene Villa samt Nachbargrundstück. Weil dieses bebaut werden könne, so sagte Graalfs in einem PNN-Interview, habe er sich für den Kauf entschieden. Sein Plan sei gewesen, die Sanierung der Villa über eine „Quersubventionierung“ aus den Erlösen der Neubauten zu bezahlen. Da es für das Areal auch damals keinen Bebauungsplan gab, galt das Baugesetzbuch: Danach existierte Baurecht neben der Villa Schöningen an der Berliner Straße und an der Schwanenallee.

Doch einen Neubau an der Schwanenallee wollten sowohl die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die Stadtplanung als auch die Denkmalpflege verhindern. Nach Angaben von Graalfs soll es 1996 ein Treffen vor Ort gegeben haben, bei dem ein Bau an der Schwanenallee simuliert worden ist. Dabei sei festgestellt worden, dass ein Gebäude an dieser Stelle der „besonderen Darstellung der Villa Schöningen nicht gerecht wurde“. So habe man sich geeinigt, das existierende Baurecht sozusagen zu verschieben: in den hinteren Bereich der Grundstücke, die Villa L-förmig umschließend.

Diese Verschiebung aber müsste in einem Bebauungsplan geregelt sein – und dieser kam nie zustande. Denn als die Pläne für die erst sechs, dann fünf Stadtvillen, die Graalfs auf dem „L“-Baufeld errichten wollte, vorgestellt wurden, gab es harsche Proteste. Angeführt wurden sie vom Verein Berliner Vorstadt e.V. Die Bebauung gefährde das Weltkulturerbe, hieß es. Zudem wurde in Zweifel gezogen, dass die Stadt Eigentümer Graalfs mit einem städtebaulichen Vertrag tatsächlich dazu verpflichten könne, die Villa Schöningen zu sanieren. Gefragt wurde auch, ob es überhaupt nötig sei, über Baurecht für die fünf Stadtvillen eine „Kompensation“ für die Sanierungskosten zu ermöglichen. Die Stadtverwaltung unterstützte Graalfs’ Pläne zunächst – doch die Gegenwehr war stark. Die Gemengelage hatte zur Folge, dass die Stadtverordneten einen eigenen Bebauungsplan 35-3 „Schwanenallee/Berliner Straße“ für das Areal auflegen ließen – und dann die Baurechte reduzierten: Es durfte nur noch an der Berliner Straße gebaut werden. Eigentümer Graalfs reagierte darauf mit einem Abrissantrag für die Villa Schöningen. Seine Begründung: Aus den Mieteinnahmen des einen zulässigen Neubaus wäre eine Sanierung des Baudenkmals unmöglich. Damit liege eine „wirtschaftliche Unzumutbarkeit“ nach Paragraf 7 des brandenburgischen Denkmalgesetzes vor, belegt durch ein Sachverständigengutachten. Dies gebe ihm das Recht, den Abriss des Denkmals durchzusetzen.

Als nun vergangene Woche der Kaufvertrag zwischen Graalfs und den neuen Besitzern Mathias Döpfner und Leonard H. Fischer unterschrieben wurde, war der Abrissantrag längst gestellt. Nun hat er allerdings seine Gültigkeit verloren. Ein gutes Zeichen dafür, dass der Streit endlich ein Ende hat. S. Schicketanz

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