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Von Dirk Becker: Von wegen Duell

Knurrige Bemerkungen und böse Blicke, mehr bot die Veranstaltung „Jakobs contra Scharfenberg“ nicht

Stand:

Berliner Vorstadt - Kanonenfutter für die kleinen und größeren Explosionen gab es an diesem Abend genug. Ob Garagenlobby oder Spaßbadpleite, Stadtschloss oder Tierheimstandort. Doch die Kontrahenten wollten nicht so recht drauf anspringen. Selbst als Hans-Jürgen Scharfenberg das schwere Geschütz Wählerbetrug auffuhr, weil Jakobs in dieser Wahl nur antrete, um mit seinem guten Namen zu werben und im Fall eines Sieges sein Mandat nicht antreten würde, blieb sein Gegenüber Jann Jakobs gelassen. Mehr als knurrige Bemerkungen und böse Blicke gab es nicht. Fünf Tage vor der Stadtverordnetenwahl wollten sich die beiden Spitzenkandidaten von Die Linke und SPD nicht auf einen heftigen Schlagabtausch einlassen und so entsprechende Blessuren davontragen, die ihnen bei der Stimmabgabe am Sonntag vielleicht zum Nachteil gereichen könnten.

Als „Jakobs contra Scharfenberg – das Duell“ war das Aufeinandertreffen von Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) und Jann Jakobs (SPD) am Dienstagabend vor 100 Gästen in der Waschhaus- Arena angekündigt worden. Die Rahmenbedingungen stimmten. Die Moderaten Lothar Mahrla und Volkmar Klein nutzten die Vorlagen, die ihnen ein gewisser Arnold Böswetter, hinter dem sich der als Clown Locci bekannte Wolfgang Lasch versteckte, via Filmbeiträgen aus Potsdam lieferte. Doch die oftmals nur halbherzige Hartnäckigkeit, mit der hier versucht wurde, bei bestimmten heiklen Themen nachzuhaken, perlte an den Politikerpersönlichkeiten ab. Die nutzten die Antworten lieber für ausschweifende Erklärungen.

So durfte das Publikum ausgiebig die hohe Kunst der Politiker erleben, viel zu reden, dabei aber kaum oder nur wenig zu sagen. Oder durch lange Sätze und zahllose Windungen einen Sachverhalt, der anfangs gegen sie sprach, am Ende doch noch schön zu reden. So folgte ein ermüdendes, weil schon so oft gehörtes Statement auf das andere, nur gelegentlich aufgelockert durch den Versuch, die beiden Politiker zu kürzeren Antworten zu bewegen. Dazwischen dann immer braver Applaus, ganz selten nur ein paar Buh-Rufe. Vorne links saßen die, die für Scharfenberg, in der Mitte und den letzten Stuhlreihen die, die für Jakobs applaudierten.

Der Tiefpunkt war erreicht, als Mike Schubert (SPD) und Pete Heuer (Die Linke) auf die Bühne und für eine Minute ihre jeweiligen Spitzenkandidaten lobhudeln durften. Vielleicht war ironisch gemeint, was da an Schmeicheleien von sich gegeben wurde. Doch so recht glauben wollte man daran nicht.

Dann kam das Publikum zu Wort und war nach über zwei Stunden längst eingelullt, so dass es nur noch ein braves Frage-Antwort-Spiel gab. „Jakobs contra Scharfenberg“: Das war nicht einmal ein Duell mit Platzpatronen.

Dirk Becker

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