zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Vor dem Altar – mit und ohne Kirche

Viele Paare möchten am Wunschtag an einem besonderen Ort in Potsdam heiraten. Doch die Termine sind begehrt – wer einen bekommen möchte, muss zur richtigen Zeit im Rathaus anstehen

Stand:

Es ist voll im Flur des Standesamtes im Potsdamer Rathaus an der Friedrich-Ebert-Straße: Mehr als ein Dutzend Paare warten an diesem 1. Februar auf die Anmeldung zu ihrem Wunschtermin, an dem sie sich das Ja-Wort geben wollen. Früh da sein ist Pflicht, am besten sechs Monate im voraus. Denn was viele nicht wissen: Immer am Ersten des Monats werden die ersten Hochzeitstermine und -orte für ein halbes Jahr später vergeben, in diesem Fall für den August – und zwar nur für den August: „Frühbuchungen“ für spätere Monate sind nicht möglich. Die begehrten Samstage und Freitage sind natürlich schnell weg, es gilt das Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. „Zuerst kümmern wir uns um die Paare, die persönlich zu uns kommen“, so eine Mitarbeiterin des Standesamts, „danach kommen die, die telefonisch und per Mail angefragt haben“.

Die Anmeldung ist relativ unbürokratisch: Bis auf den Personalausweis müssen keine Dokumente mitgebracht werden. Es ist auch nicht erforderlich, dass beide Personen anwesend sind: Die Anmeldung kann auch einer der Partner oder ein ermächtigter Beauftragter vornehmen.

Die meisten Paare möchten aber natürlich selbst über ihren Termin entscheiden. Das Potsdamer Standesamt rät jedoch, immer einen Alternativ-Termin und einen Alternativ-Ort einzuplanen. Oft klappt es nicht mit dem Wunsch-Ort: „Wir wollten eigentlich in der Alten Neuendorfer Kirche in Babelsberg heiraten, aber der Termin ging nicht“, erzählt eine Frau mit leicht enttäuschtem Blick. Als Heiratsort hat das Paar nun das Standesamt im Rathaus gewählt. Im Eheschließungsraum, dem früheren Gartenzimmer des Regierungspräsidenten, ließen sich im vergangenen Jahr 565 Paare trauen – 67 Prozent aller 2011 in Potsdam geschlossenen Ehen.

Doch so schön das alte Gartenzimmer auch ist, die Alte Neuendorfer Kirche mit ihrem markanten achteckigen Grundriss hat für viele Heiratswillige einen besonderen Reiz: Es ist die einzige Kirche in Potsdam, in der standesamtliche Eheschließungen möglich sind. Das Gotteshaus, von dem jahrelang nur eine Ruine stand, war 2007 durch den „Förderverein Alte Neuendorfer Kirche“ wiedererrichtet worden. Auch wenn christliche Gottesdienste oder Taufen in dem Gebäude stattfinden, ist die Kirche nicht geweiht, hat keine Gemeinde und gehört dem Förderverein. Diese Umstände machen es möglich, dass seit 2007 standesamtliche Trauungen ohne konfessionelle Zugehörigkeit stattfinden können – auch gleichgeschlechtliche Ehen wurden in der Kirche bereits geschlossen.

„Wir werden gerade für große Hochzeiten mit vielen Gästen genutzt“, sagt Irene Schwetasch vom Förderverein. Mit etwa 120 Sitzplätzen plus 25 Emporenplätzen bietet kein anderer Heiratsort in Potsdam so viel Platz. Weitere Orte zum standesamtlichen Heiraten sind das Maurische Kabinett im Belvedere auf dem Pfingstberg, das Krongut in Bornstedt sowie Schloss Kartzow im Potsdamer Norden. Trotz ihrer besonderen Konditionen steht die Alte Neuendorfer Kirche mit 67 Hochzeiten im Jahr 2011 an letzter Stelle der genannten Orte, was die Häufigkeit der Trauungen angeht; auch mit den 170 Euro Miete, die Heiratswillige zahlen müssen, ist die Alte Neuendorfer Kirche immer noch günstiger als das Belvedere auf dem Pfingstberg, das einem Paar schon 400 Euro wert sein muss.

Dennoch, über zu wenig Zulauf kann sich Schwetasch nicht beklagen: „Werbung müssen wir nicht machen.“ An manchen Tagen finden bis zu vier Trauungen statt, einmal seien es sogar fünf gewesen. „Wir haben Paare aus der ganzen Bundesrepublik“, verrät Schwetasch. In der Tat ist Potsdam ein wahrer Hochzeitsmagnet: Etwa ein Drittel aller Paare kommt nicht aus der Landeshauptstadt.

Das gilt auch für die 25-jährige Josephine Förster und den 28-jährigen Bernhard Steingräber aus Dallgow-Döberitz, die gerade freudestrahlend das Standesamt verlassen: Ihren Trauungstermin – im Eheschließungsraum des Rathauses – haben sie bekommen. Beim Termin für ihre Hochzeitsfeier hat es leider nicht ganz geklappt: „Wir haben uns an einem 11. August kennen gelernt und wollten auch an einem 11. August heiraten“, sagt die Lehramtsstudentin. Jetzt mussten sie die Feier – im „Haus Sanssouci“ am Wannsee – jedoch auf den 25. August verlegen. Vielleicht werden sie dazu beitragen, dass 2012 wieder ein besonders starkes Hochzeitsjahr wird. Rekordjahr ist bislang 2010, in dem 937 Ehen in Potsdam geschlossen wurden; 2011 waren es 842, also etwa zehn Prozent weniger.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })