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Landeshauptstadt: Vorreiterin Potsdam

Das umstrittene „generische Femininum“ wurde bis 2009 in der Potsdamer Hauptsatzung verwendet

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Die Universität Potsdam ist mit ihrer Entscheidung, weibliche Sammelbegriffe für beide Geschlechter einzuführen, inzwischen bundesweit in den Schlagzeilen – SpiegelOnline berichtet, ebenso die Süddeutsche Zeitung. Lutz Boede von der Fraktion Die Andere kann die Aufregung allerdings nicht verstehen: Wie er am Freitag den PNN erklärte, hat das jetzt heftig umstrittene „generische Femininum“ bereits zwischen 2004 und 2009 in der offiziellen Hauptsatzung der Landeshauptstadt gegolten, die die Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung regelt.

Tatsächlich ist in der Satzung nur von „Oberbürgermeisterinnen“, „Einwohnerinnen“ oder „Einreicherinnen“ die Rede: „Die in dieser Satzung verwendeten personen- und funktionsbezogenen Bezeichnungen gelten für Männer und Frauen“, lautete dort ein erklärender Satz. Wie aus Sitzungsprotokollen der Stadtverordnetenversammlung hervorgeht, war zunächst geplant, die in der deutschen Sprache übliche männliche Form zu verwenden. Doch dann kam der 3. November 2004, erinnert sich Boede: Kurz vor der Abendpause der Sitzung habe er beantragt, durchgängig die weibliche Form zu verwenden. Es folgte die Abstimmung: Der Antrag wurde mit knapper Mehrheit von 18 Ja- gegen 17 Nein-Stimmen angenommen. Wer genau wie abstimmte, geht aus den Protokollen nicht hervor. Boede sagte, nach seiner Erinnerung hätten die Linken und einige SPD-Vertreter den Antrag unterstützt, die CDU sei dagegen gewesen – neun Jahre später sei er sich aber nicht mehr sicher: „Aber so eine Aufregung wie jetzt gab es damals nicht.“

Seit 2009 gilt wieder eine neue Hauptsatzung – ohne generisches Femininum. Den Entwurf dafür hatte das Rechtsamt von Kämmerer Burkhard Exner (SPD) erstellt, ohne Diskussionen über männliche und weibliche Bezeichnungen hatten die Stadtverordneten dem zugestimmt. „Dieses Vorgehen war allgemeiner Konsens, deshalb gab es keine weitere Diskussion über die Form“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN. Nun werden als Bezeichnungen wieder sowohl die männliche als auch weibliche Form verwendet. Das liest sich so: „Der/die Oberbürgermeister/in ist hauptamtliche/r Beamte/r auf Zeit, Leiter/in der Verwaltung sowie Vertreter/in und Repräsentant/in der Landeshauptstadt Potsdam.“

Dagegen setzt der Senat der Universität – das höchste Gremium der Einrichtung und besetzt mit Professoren, Studenten sowie Mitarbeitern – mit seiner neuen Geschäftsordnung auf die früher in Potsdam verwandte Variante. Der Senat habe sich aus rein pragmatischen Gründen für die neue Schreibweise entschieden, hatte der Vizevorsitzende Fred Albrecht am Donnerstag erklärt. Die durch die Genderisierung „verhunzelten“ Texte sollten wieder besser lesbar sein. Hätte das Gremium sich aber nur für männliche Bezeichnungen entschieden, hätte es Ärger von Feministinnen gegeben, sagte der Physiker.

Bislang wurde in der Geschäftsordnung des Senats versucht, mit Bezeichnungen wie „ein/eine Redner/in“ beiden Geschlechtern gerecht zu werden. Sätze mit diesen Bezeichnungen seien nur schwer lesbar, sagte Albrecht.Am Dienstag hatte eine Uni-Sprecherin erklärt, zudem sei man im Senat der Ansicht gewesen, „dass nach Jahrhunderten einer vom patriarchalischen Denken geprägten Sprache die Zeit reif für eine durchgehend weibliche Bezeichnung ist“. Ebenso bestätigte sie, die Satzung habe Vorbildcharakter. So ist auch in der Berufungsordnung einer Fakultät das Modell des generischen Femininums geplant. Allerdings werde sich im alltäglichen Umgang nichts an der Sprache ändern, betonte die Sprecherin.

An Hochschulen und anderen öffentlichen Einrichtungen wird seit Jahren versucht, die Geschlechter sprachlich gleichzustellen. Zu den Möglichkeiten, beide Geschlechter sprachlich gleichzustellen, zählt das „Binnen-I“, zum Beispiel in „ProfessorIn“ oder die Neutralisierung der Geschlechter, wie etwa „Mitarbeitende“ oder „Studierende“. (mit dpa)

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