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Landeshauptstadt: Vorstadt-Verein: Stadt hat Welterbe-Pflicht verletzt

Streit um Neubau an Schwanenallee / Verein fordert Rückbau / Bauherr Kock weist Vorwürfe zurück

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Berliner Vorstadt - Im Streit um einen Neubau im Villenviertel hat der Verein Berliner Vorstadt e.V. schwere Vorwürfe gegen die Stadtverwaltung erhoben. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) behauptet der Vereinsvorstand, die Stadt habe mit der Genehmigung des Neubaus offenbar Welterbe-Verpflichtungen verletzt. Außerdem fordert der Verein eine Prüfung des Vorgangs durch den Baurechtler Prof. Ulrich Battis, der im Auftrag der Stadt jüngst die Denkmal- und Baubehörde untersucht hatte, und einen Rückbau der Garagenanlagen sowie der „betonierten Anlage im Außenbereich“ des Neubaus an der Schwanenallee Ecke Menzel- und Böcklinstraße.

Die Stadtverwaltung wollte die Vorwürfe und Forderungen gestern nicht kommentieren. Die Angelegenheit werde geprüft, der Verein werde eine Antwort bekommen, so die Sprecherin der Stadt, Regina Thielemann.

Einer der drei Bauherren des Neubaus, der Potsdamer Architekt Moritz Kock, wies die Vorwürfe des Vereins gestern auf PNN-Anfrage zurück. Der viergeschossige Bau entspreche der erteilten Baugenehmigung, sagte Kock.

Der Verein vermutet, der Neubau sei größer als erlaubt und hat die Verwaltung aufgefordert zu prüfen, ob entsprechend der Genehmigung gebaut werde. Grund für die Zweifel des Vereinsvorstands ist offenbar die Größe und Höhe des Neubaus, der im Rohbau bereits fertig ist: Dieser überschreite die „Dimensionen der historischen Bebauung deutlich“ und füge sich „in keinster Weise“ in die Maßstäblichkeit der Baulinien und -fluchten der Schwanenallee ein, heißt es in dem offenen Brief. Genau dies wird nach Angaben des Vereins jedoch in der seit 1992 gültigen Erhaltungssatzung für die Berliner Vorstadt gefordert. Dort heiße es, dass Neubauten sich „der städtebaulichen Struktur, dem Charakter sowie den Maßverhältnissen“ der vorhandenen Gebäude anpassen sollten. Gleichzeitig sei für das Viertel seit 2005 auch eine Denkmalbereichssatzung in Kraft – diese hätte bei der am 7. November 2005 erteilten Baugenehmigung für den Neubau berücksichtigt werden müssen, meint der Vereinsvorstand. Durch die Garagen, die vor dem Neubau errichtet worden seien, und eine „betonierte Anlage“ werde das „Maß der Verträglichkeit“ außerdem endgültig gesprengt, heißt es in dem Brief. Die Garagen befänden sich direkt gegenüber der denkmalgeschützten, von Ernst Petzholtz entworfenen Villa in der Menzelstraße 11. Zudem widerspreche die Erlaubnis, die Garagenzufahrten über den Gehweg zu führen, „langjähriger Genehmigungspraxis“ in der Berliner Vorstadt. Dies mache die Genehmigung des Schwanenallee-Neubaus noch fragwürdiger, so der Verein in seinem Brief – es handle sich um eine „baurechtlich nicht vertretbare Einzelentscheidung“.

Schwer wiegt auch der Vorwurf, die Stadt sei ihrer Welterbe-Pflicht nicht nachgekommen: Da der Neubau in der so genannten „Pufferzone“ des Welterbes liege, sei eine Erlaubnis des Komitees für das Erbe der Welt notwendig, so der Vereinsvorstand. Er bezieht sich dabei auf die Ziffer 107 der „Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“. Darin heiße es, dass Änderungen in der Welterbe-Pufferzone genehmigungspflichtig seien.

Architekt und Bauherr Moritz Kock – er hat in Potsdam unter anderem das VW-Design-Center an der Schiffbauergasse entworfen – verwies bei Fragen zu den Maßen des Schwanenallee-Neubaus auf eine bereits seit Jahren vorliegende und für das Vorhaben leicht veränderte Baugenehmigung. Die Höhe des Viergeschossers sei außerdem mit der Schlösserstiftung abgestimmt worden – der damals amtierende Generaldirektor Hans-Joachim Giersberg habe zugestimmt. Sollte eine Welterbe-Genehmigung gebraucht werden, sei das Aufgabe der Stadt, so Kock. Sabine Schicketanz

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