Landeshauptstadt: Vorteil Förderung
Die Stadtverwaltung gibt 40 Langzeitarbeitslosen eine Chance – dank Millionenförderung vom Jobcenter
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Zehn Jahre hatte Roman Waclaw keinen richtigen Job mehr, keine Arbeit mit Sozialversicherung. Stattdessen gab es Maßnahmen und Ein-Euro-Jobs. Das ist nun vorbei. Der Potsdamer arbeitet seit ein paar Wochen bei der Potsdamer Feuerwehr – allerdings rückt er nicht zu Einsätzen aus, sondern kümmert sich um die Pflege der Außenanlagen der Feuerwache in der Holzmarktstraße. Für den 44-Jährigen früheren Gebäudereiniger genau das Richtige. „So eine Chance kriegt man nicht wieder“, sagt er. Er wollte unbedingt mitmachen, als er von dem Projekt erfuhr. „Dann habe ich meine Fallmanagerin beim Jobcenter darauf angesprochen“, erzählt Waclaw. Nun ist er begeistert. „Hier wird man aufgenommen, als ob man schon seit Jahren dabei ist“, sagt er. Obwohl ihm die Umstellung anfangs schwerfiel: „Ich war es gar nicht mehr gewöhnt, mit so vielen Menschen zu tun zu haben.“
Mit 40 neuen öffentlich geförderten Arbeitsplätzen will die Potsdamer Stadtverwaltung gegen die Langzeitarbeitslosigkeit vorgehen. 22 Stellen sind bereits vergeben. Der Rest soll bis Oktober besetzt sein. 14 der neuen Stadtmitarbeiter haben ihren neuen Job im Juni bereits angetreten.
Am Freitag stellte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) das Programm vor. Zwei Jahre lang sollen die Teilnehmer in den Büros der Verwaltung Akten archivieren und Kopierarbeiten übernehmen, in Schulen helfen oder die Pflege der Grünanlagen und Friedhöfe unterstützen. All das gehört zur sogenannten kommunalen Initiative Arbeit, die sich an Langzeitarbeitslose, die älter als 25 Jahre sind, richtet.
Dabei handelt es sich um die Fortsetzung des bisher vom Europäischen Sozialfonds geförderten Modellprojekts Bürgerarbeit. Dafür waren 49 Potsdamer über 50 Jahre ausgewählt worden, die im Schnitt zehn Jahre arbeitslos waren und zum Teil Schulden oder gesundheitliche Probleme hatten. Zwei Jahre lang gingen sie in der Stadtverwaltung verschiedensten Aufgaben nach. Die Erfahrungen waren sehr positiv, wie Müller-Preinesberger sagte. Die Bürgerarbeiter hatten offenbar große Lust zu arbeiten: „Der Krankenstand von durchschnittlich etwa zwölf Tagen im Jahr lag unter dem normalen Schnitt der Stadtverwaltung“, so die Beigeordnete. Zehn der Bürgerarbeiter hatten während oder nach dem Ende des Projekts einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden.
Bei der Neuauflage übernimmt das Jobcenter 75 Prozent der Personalkosten, die Stadt stockt die Bezahlung auf den entsprechenden Tariflohn auf. Insgesamt stehen für das Projekt 1,7 Millionen Euro bereit. Eine Million davon kommt vom Jobcenter.
Menschen wie Roman Waclaw sind in Potsdam keine Seltenheit. 6362 Potsdamer waren im Juli laut der Statistik der Arbeitsagentur arbeitslos gemeldet, das entspricht einer Quote von 7,2 Prozent der Erwerbstätigen. Fast jeder Dritte davon gilt als langzeitarbeitslos – hat also seit mehr als einem Jahr keinen Job mehr. Während die Arbeitslosigkeit allgemein seit mehreren Jahren sinkt und Firmen über den Mangel an Fachkräften und Auszubildenden klagen, hat die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Potsdam im Jahresvergleich sogar zugenommen.
Doch Menschen nach längerer Arbeitslosigkeit eine Chance zu geben, ist für viele Unternehmen offenbar schwierig – selbst wenn die Stelle großzügig gefördert wird. „Wir haben ein Jahr lang nach Firmen gesucht, die mitmachen“, sagt Jörg Bindheim, Integrationsplaner beim Potsdamer Jobcenter. Die Stadtverwaltung sei mit den 40 geschaffenen Stellen hoffentlich ein Vorreiter, so Bindheim.
Für die Teilnehmer sei das Programm eine Chance, ihre Motivation unter Beweis zu stellen und ihre Rentenanwartschaften zu verbessern. Außerdem sei es ein Vorteil, sich aus einer Anstellung heraus für anschließende Jobs zu bewerben. Während der zweijährigen Laufzeit gibt es Bewerbungscoachings. „Das ist kein Beschäftigungsprogramm. Wir brauchen die Leute“, sagt Müller-Preinesberger. Schließlich profitiert auch die Stadt von der Arbeit der Teilnehmer. Sie bringen zum Beispiel für das Grünflächenamt, in dem 14 Teilnehmer arbeiten sollen, die Uferwege in Ordnung und entfernen Unkraut. Am Freitag war der Uferweg an der Alten Fahrt dran. „Das sind Stellen, die wir sonst nicht hätten“, sagte Bereichleiter Herbert Claes.
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