Landeshauptstadt: Vorwurf Totschlag
Prozess um Tod von David Fischer beginnt / Przybilla vertritt Nebenklage
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Morgen beginnt vor dem Potsdamer Landgericht der Gerichtsprozess um den im Juni bei einer Massenschlägerei in der Charlottenstraße getöteten Jugendlichen David Fischer. Angeklagt ist ein seit mehreren Jahren in Potsdam lebender afghanischer Jugendlicher. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft ihm Totschlag vor. Der zur Tatzeit 18-jährige Ajmal K. soll den damals 20-jährigen David Fischer mit einem Messerstich in die Herzgegend tödlich verletzt haben. Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll am 10. Januar gesprochen werden.
Während der Verhandlung soll geklärt werden, was in der Tatnacht des 17. Juni in der Potsdamer Innenstadt tatsächlich geschah. Weitgehend unstrittig ist, dass zwei Gruppen angetrunkener Jugendlicher – Deutsche und meist Deutsch-Türken – im Lokal „Quartier“ in der Charlottenstraße in Streit gerieten. Nach ersten Auseinandersetzungen soll der Wirt die rund 15 Personen starke Gruppe der Deutsch-Türken, unter denen sich auch der Angeklagte befunden habe, aus seinem Lokal geworfen haben. Von der Straße aus, so der Vorwurf, sollen sie jedoch weiter die Deutschen – unter ihnen David Fischer – beleidigt haben. Diese hätten sich provoziert gefühlt und seien zum Angriff übergegangen.
Über den weiteren Ablauf des Handgemenges auf offener Straße gibt es unterschiedliche Versionen: Freunde und Angehörige von David Fischer hatten öffentlich mehrfach behauptet, dass dieser festgehalten worden sei, während der tödliche Stich erfolgte. Sie nannten – mehrfach – die Tat „einen heimtückischen Mord“. Die Ermittler wiesen diesen Vorwurf mehrfach zurück, da für einen Mord – noch dazu einen „heimtückischen – in diesem Fall wesentliche Tatmerkmale wie Habgier oder Heimtücke, der Tatplan und der Vorsatz fehlten.
Andere Zeugen berichten abweichend zu den Freunden und Angehörigen des Opfers einen anderen Ablauf: Sie sagten aus, dass der tödliche Stich im Affekt erfolgt und das Opfer zuvor als besonders aggressiv aufgefallen sei.
Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft und hat bisher zu allen Anschuldigungen geschwiegen. Sein Anwalt Steffen Sauer lies gegenüber den PNN im Vorfeld des Prozesses offen, wie er für seinen Mandanten plädieren wird. Sauer hatte im erst kürzlich beendeten, so genannten „Antifa“-Prozess die Hauptangeklagte Julia S. verteidigt.
Auch der Vertreter der Eltern von David Fischer, die als Nebenkläger auftreten, wollte sich vor Prozessbeginn nicht zu seinem Vorgehen äußern. Die Eltern werden vor Gericht von Klaus Przybilla vertreten, der als Experte für solche Fälle gelten darf: Der inzwischen pensionierte Richter leitete bis 2003 die Jugendkammer des Landgerichts Potsdam. Als Richter führte er beispielsweise die Verhandlungen zu einem Brandanschlag auf eine vietnamesische Familie in Belzig im Jahr 2000 sowie zur Ermordung des Obdachlosen Dieter Manzke durch mehrere Jugendliche. „Ich vertrete die Nebenklage auf Bitte der Eltern des Opfers, die Anspruch darauf besitzen zu erfahren, was in der Nacht passiert ist“, so Przybilla.
Der Fall David Fischer war vor allem in der rechten Szene schnell für ausländerfeindliche Hetze missbraucht worden: So stilisierte der Nationalen Widerstands Berlin-Brandenburg den Fall zum „Ergebnis der BRD-Medienhetze“, weil sich Ausländer in Deutschland sicher sein könnten, dass sie nur als Opfer und nie als Täter wahrgenommen würden. Als vermeintlichen Beleg führten sie den brutalen Angriff auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. am Ostersonntag in Potsdam-West an. Damals war die Polizei von einer rassistisch sowie politisch motivierten und deswegen besonders verwerflichen Straftat ausgegangen.
Auch Freunde des Opfers hatten die Potsdamer Öffentlichkeit mehrfach öffentlich kritisiert und eine ebenso große Anteilnahme der Politik wie im Fall Ermyas M. verlangt. „Diese Tragödie wurde leider nur in den regionalen Medien angeschnitten, da es ja nur ein Deutscher gewesen ist“, heißt es noch immer auf einer Internetseite, die für den getöteten David Fischer eingerichtet wurde.Henri Kramer
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