Landeshauptstadt: Vorwürfe gegen Müller
Ex-Mitarbeiter will Aufenthaltserlaubnis für Ausländer auf Beigeordneten-Weisung erteilt haben
Stand:
Der ehemalige stellvertretende Abteilungsleiter des Potsdamer Ausländeramtes, Michael E., hat die Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos) schwer belastet. Beim gestrigen Einspruchsverfahren gegen seinen Strafbefehl wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz in drei Fällen sowie wegen einmaliger Unterschlagung, erklärte E., in mindestens einem Fall auf Weisung der Sozialbeigeordneten gehandelt zu haben. E. wird vorgeworfen, zwischen 2003 und 2007 in drei Fällen Ausländern unerlaubt Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt zu haben. Außerdem soll er 60 Euro Verwaltungsgebühr im Herbst 2007 für sich behalten haben. Der mittlerweile gekündigte Verwaltungsmitarbeiter erhielt einen Strafbefehl über 1800 Euro, gegen den er Einspruch einlegte.
In besagtem Fall aus den Jahren 2007/2008 erteilte E. laut Staatsanwaltschaft „an einen Ausländer, der bekanntermaßen vorbestraft war und eine ungeklärte Identität besaß aus angeblich humanitären Gründen“ eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. Der einstige Mitarbeiter erklärte, im entsprechenden Fall habe „die Beigeordnete namentlich angewiesen, dem betreffenden Ausländer den Aufenthalt zu gewährleisten“, trotz der „von mir und Behördenmitarbeitern“ geäußerten rechtlichen Bedenken gegen die Erlaubnis. Den Namen des Ausländers und dessen Aufenthaltsproblematik habe die Beigeordnete im Rahmen sogenannter Gesprächskreise erfahren, so E.. In jenen Runden sollen sich Beigeordnete und Mitarbeiter des Sozialbereichs mit Vertretern sozialer Träger getroffen haben, um über Ausländer zu sprechen, deren Aufenthaltsregelungen problematisch waren.
Diese Gesprächskreise bestätigte auch die Fachbereichsleiterin Ordnung und Sicherheit, Marina Kluge, die zur gestrigen Einspruchsverhandlung als Zeugin geladen war. Sie bestätigte die grundsätzliche Weisungsbefugnis Müllers gegenüber E. „Aber ich glaube nicht, dass die Beigeordnete am Recht vorbei weisungsbefugt ist.“ Jedoch gab sie auch an: „Wenn Entscheidungen getroffen wurden, die nicht von Verwaltungsmitarbeitern mitgetragen wurden, sollte meines Wissens ein Schriftvermerk angelegt werden, den die Beigeordnete selbst unterzeichnete.“ Dem widersprach E.. „Es gab die Vereinbarung, dass es keine Protokolle über die Gespräche geben soll.“ In der Tat fand die Staatsanwaltschaft in der Ausländerbehörde keine derartigen Dokumente. Sozialbeigeordnete Elona Müller soll nun als Zeugin zum nächsten Verhandlungstermin geladen werden.
Strittig ist zudem, ob E. als stellvertretender Abteilungsleiter überhaupt befugt gewesen ist, Aufenthaltsgenehmigungen zu erteilen. Richter Francois Eckhardt las aus E.’s Arbeitsplatzbeschreibung vor, in der lediglich die Ablehnung von Genehmigungen aufgeführt war. „Sie hätten gar keine Anweisung für eine Aufenthaltserlaubnis bekommen dürfen, weil sie gar nicht zuständig waren“, beschied Eckhardt dem Ex-Verwaltungsmitarbeiter. Kluge bestätigte „eine interne Festlegung“, dass Leiter und Stellvertreter des Ausländeramts keine Genehmigungen ausstellen sollten.
Ordnungsamtsleiterin Kluge war es auch, die die angeblich unterschlagenen 60 Euro „in einem Heft“ auf dem Schreibtisch in E.’s Arbeitszimmer gefunden hatte, „als ich auf der Suche nach Unterlagen war“, während E. Urlaub hatte. Nach Kluges Aussage gehörte E. aber nicht zu den Kollegen, die Kassentätigkeiten in der Ausländerbehörde wahrnehmen durften.
Gegen E. wurde zuvor durch die Korruptions-Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Neuruppin zwei Jahre ermittelt. Ein Bestechlichkeitsvorwurf in 35 Fällen konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Die Affäre wurde 2009 durch Medienrecherchen publik. Die für die Ausländerbehörde zuständige Beigeordnete Müller informierte nur den Hauptausschuss in nicht-öffentlicher Sitzung. Kay Grimmer
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