Landeshauptstadt: Wache am Wasser
Der frühere Grenzturm an der Bertini-Enge steht seit Jahren leer – die Nachbarschaftsinitiative Neuer Garten will ihn für Besucher öffnen
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Es ist das letzte erhaltene Bauwerk der früheren Wasser-Grenzübergangsstelle Nedlitz: Der Wachturm in der Bertinistraße 18/19 steht gemeinsam mit den Resten der Sperranlage, einem Spundwand-Stichkanal, auf der Landesdenkmalliste. Doch in dem Gebäude, das der Stadt gehört, tut sich seit Jahren nichts. Das will die Nachbarschaftsinitiative „Am Neuen Garten zu Potsdam e.V.“ ändern. Am gestrigen Dienstag, dem Jahrestag des Mauerbaus 1961, stellte Jan Fiebelkorn-Drasen, der Vorsitzende des Vereins, das Projekt „Bertini-Turm“ vor.
„Unser Wunsch ist, dass man dort eine Dokumentationsstelle einrichtet“, sagte er den PNN. Ehrenamtler könnten das Gebäude zunächst an den Wochenenden für Gäste öffnen, in dem Raum mit dem Ausblick über die Bertini-Enge könnten Informationen über die frühere Grenzanlage und historische Fotos angebracht werden, skizziert er die in der Initiative bislang erarbeiteten Ideen. Auch die Stasiunterlagen-Behörde habe man bereits kontaktiert – und dort alte Fotos von dem Gelände gesichtet. Eines der Bilder, eine Luftaufnahme, hat der Verein aus Anlass des gestrigen 13. August vergrößern und am Turm anbringen lassen. Dort soll es zunächst bis zum Herbst auch hängen bleiben, sagte Fiebelkorn-Drasen.
Mehr als 1000 Grenzsoldaten waren auf dem Gelände einst stationiert, sagt er. Die Anlage der ehemaligen Grenzübergangsstelle für den Schiffsverkehr habe sich von der Villa Hagen hinter der Meierei rechterhand bis zur Villa Jacobs an der eigentlichen Bertinienge hingezogen. In der Villa Hagen, einer seit Jahren verfallenden Villa im Stil des Neuen Bauens in der Bertinistraße 23, sei einst die Computerzentrale des Grenzbatallions untergebracht gewesen. Dahinter gab es große Schuppen, in denen eine Werkstatt für die Schnellschiffflotte untergbracht war. Auch eine Station für die Hunde und Kasernengebäude wurden damals in dem Gelände errichtet. Der Uferbereich, auch auf der gegenüberliegenden Seite, war kahlgeschlagen, wie auf den alten Fotos zu sehen sei.
An die Geschichte erinnert heute kaum etwas vor Ort. Die Bertinistraße ist eine Idylle am Wasser, die laut Fiebelkorn-Drasen auch von Touristen als Spazierstrecke geschätzt wird. „Für den Verein ist der Bertini-Turm deswegen eine Aufgabe, die sich nicht nur auf unser Viertel bezieht“, sagt er. Eine Dokumentationsstelle in dem früheren Wasser-Wachturm wäre die erste dieser Art im Land Brandenburg.
Allerdings müsste die Stadt dafür das Gebäude zuerst einmal freigeben. Aus dem Rathaus hieß es dazu gestern auf PNN-Anfrage, dass man ein solches bürgerschaftliches Engagement grundsätzlich begrüße. Außerdem müsste der Turm hergerichtet werden, erklärt Fiebelkorn-Drasen: Denn momentan sei der Ausblick nur über Steigleitern zu erreichen. Für einen Besucherverkehr müsse es eine richtige Treppe oder zumindest eine Holztreppen-Konstruktion geben. Wie teuer das ist und wer das bezahlen soll, ist noch unklar: Ob das Projekt aus Spenden getragen wird oder sich auch die öffentliche Hand beteiligt, müsse geklärt werden, so der Vereinschef.
Den laufenden Betrieb könne die Nachbarschaftsinitiative zunächst gemeinsam mit Ehrenamtlern von der Gedenkstätte Lindenstraße stemmen: „Das muss sich entwickeln“, sagte Fiebelkorn-Drasen und verweist als Vorbild auf die Gedenkstätte KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße, die ebenfalls durch jahrelanges ehrenamtliches Engagement ins Leben gerufen wurde. Die Unterstützung der Stasiunterlagenbehörde habe man für den Bertini-Turm jedenfalls schon.
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