Landeshauptstadt: Wahl-Check für Erstwähler im Internet
Der Stadtjugendring will Jugendliche auf die Wahl vorbereiten. Aber viele Politiker zögern noch
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Stress in der Schule oder mit den Eltern, erste Liebe – mit 16 beschäftigen Jugendliche meist andere Themen als eine Kommunalwahl. In diesem Jahr aber dürfen sie erstmals mitbestimmen, wer in den Brandenburger Rathäusern künftig Politik macht. Allein in Potsdam können sich rund 8 400 Erstwähler an der Wahl am 25. Mai beteiligen. Damit sie dies auch tun und gut vorbereitet sind, hat der Stadtjugendring (SJR) am Dienstag die Internetseite www.dein-erstes-mal-waehlen.de freigeschaltet als Auftakt der Kampagne „Dein Erstes Mal“. Online, auf der Straße und in Schulen will der Stadtjugendring in den kommenden Wochen präsent sein, um Jugendliche für den Gang zur Wahlurne zu motivieren.
Im Januar 2011 hatte der Brandenburger Landtag das Wahlalter für Landtags- und Kommunalwahlen von 18 auf 16 Jahre herabgesetzt. Damit ist Brandenburg bundesweit eines von zwei Bundesländern, in denen Minderjährige wählen dürfen. Zuvor galt das Wahlrecht ab 16 lediglich in Bremen. Laut einer Umfrage des SJR unter Potsdamer Jugendlichen sehen diese jedoch die Herabsenkung des Wahlalters selbst kritisch: Nur 66 Prozent der Befragten finden es gut, wählen zu dürfen. Mehr als ein Drittel halten dagegen, dass sie zu uninformiert seien.
Anliegen der Erstwähler-Kampagne soll daher vor allem sein, altersgerecht Informationen bereitzustellen. „Kommunalpolitik ist vielen sehr fern, obwohl es so nah ist“, sagt Katja Altenburg, SJR-Geschäftsführerin. „Deshalb ist es uns wichtig, dass man sich ein persönliches Bild von den Kandidaten machen kann.“ Alle 534 Potsdamer Kandidaten wurden vom Stadtjugendring befragt, wofür sie sich nach der Wahl in der Stadt einsetzen wollen. Die Bürger sollen mit Foto und kurzen Statements – „nicht länger als eine SMS“, wie Altenburg betont – auf der Internetseite sich und ihre politischen Ziele vorstellen. Bislang hat allerdings lediglich ein Viertel der Kandidaten geantwortet. Außerdem wird ab kommender Woche auch Wahlleiter Matthias Förster in kurzen Filmbeiträgen das Wahlverfahren erklären. Schüler des Potsdamer Filmgymnasiums erstellen derzeit Kurzinterviews mit Vertretern aller Parteien.
Angelehnt an den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl werden außerdem die Programme der Parteien ausgewertet. Im sogenannten Wahl-Check lassen sich die Positionen der antretenden elf Parteien und Bürgerbündnisse anhand von Aussagen zu den Themen Nahverkehr, Freizeitangebote oder Bildungsinfrastruktur vergleichen. „Das sind alles Fragen, die Potsdam betreffen“, sagt Geschäftsführerin Altenburg. So wurden die Parteien etwa danach befragt, wie bezahlbarer Wohnraum ermöglicht werden soll, welche Vorschläge sie zur Verbesserung des Nahverkehrs in die Ortsteile haben oder wofür in Potsdam mehr Geld ausgegeben – und wo gespart werden soll. „Den Jugendlichen wird oft Parteienverdrossenheit nachgesagt. Wir glauben, dass man sie für Politik begeistern kann, wenn man über die Themen herangeht. Ob Skaterhalle oder Schulausstattung – es gibt vieles, was den Jugendlichen unter den Nägeln brennt“, sagt Altenburg.
Auch nach der Wahl will der SJR den Wahl-Check nicht ad acta legen. Er sei eine gute Grundlage für die weitere politische Arbeit, sagt Altenburg. Denn es würden Themen aufgegriffen, bei denen der Stadtjugendring nach der Wahl genau hinschauen werde, inwiefern die künftigen Stadtverordneten die Positionen umsetzen. Das Instrument des Wahl-Check werden auch 15 andere Brandenburger Kommunen nutzen. Der Stadtjugendring erhofft sich zudem, dass auch erwachsene Bürger den Wahl-Check nutzen. „Es gibt keine andere adäquate Seite für Potsdam“, sagt Manuela Neels vom Kinder- und Jugendbüro.
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Grit Weirauch
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