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Links und rechts der Langen Brücke: Wahlspiele

Sabine Schicketanz hat Potsdams Stadtpolitik beobachtet – vor der Wahl, nach der Wahl, vor der Wahl

Stand:

Wie heißt es im Fußball immer so schön? Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Das gilt seit geraumer Zeit auch für Potsdams Stadtpolitik. Nach der Kommunalwahl ist vor der Landtagswahl, nach der Bundes- und Landtagswahl ist vor der Oberbürgermeisterwahl. Kaum sind nun also die Stimmen vom 27. September ausgezählt, ist zu beobachten, wie sich der Fokus des Politikbetriebs auf das kommende Jahr richtet: Dann können die Potsdamer entscheiden, wer sie in den nächsten acht Jahren regieren soll.

Ein genauer Wahltermin steht freilich noch nicht fest – ein Thema für den Wahlkampf zeichnet sich dagegen ganz deutlich ab. Hoch im Kurs steht, so bewies die jüngste Sitzung der Stadtverordneten am Mittwoch, die sogenannte Jugendkultur. Gemeint sind damit vor allem die Projekte „Freiland“ – noch zur Verwirklichung anstehend – und „Archiv“. Letzteres mag vor der baupolizeilichen Sperrung gerettet werden. Debattiert wird über die angeblich fehlenden Räume für die Jugendlichen im als zu museal kritisierten Potsdam bereits seit Monaten. Jetzt jedoch wird der Ton verbindlicher, wärmer, die jungen Aktiven werden besonders von Oberbürgermeister Jann Jakobs umworben, so der Eindruck. Seine eindeutigen Aussagen vor den Stadtverordneten: „Freiland“ und „Archiv“, beide soll es geben in Potsdam, für beide will die Stadt zahlen.

Wie viel ist wohlgemerkt noch nicht beschlossene Sache, und dass ihr Chef sich besser nicht auf Kosten ihrer Budgets profilieren möge, haben Jakobs’ seine Kultur- und Sozialbeigeordneten Iris Jana Magdowski (CDU) und Elona Müller (parteilos) diese Woche deutlich aufgezeigt. Im jeweils anderen Topf sei doch viel mehr Geld für die Jugendkultur, so die Beigeordneten unisono.

Dass Potsdams mit dem drittbesten Landtagsdirektmandat-Ergebnis überhaupt weiter erstarkter Linken-Chef Hans-Jürgen Scharfenberg sich am vergangenen Mittwoch zur Jugendkultur zurückhielt, schien nur einer Tatsache geschuldet: Den Sondierungsgesprächen auf Landesebene mit dem möglichen Ausgang einer rot-roten Koalition. Die Linken jedenfalls sind natürlich klug genug, aktuell keinen Eklat mit dem sozialdemokratischen Potsdamer Oberbürgermeister zu provozieren. Ansonsten jedoch sind sie den Aktiven der Jugendkultur sicher nicht fern – in Erinnerung ist, dass Scharfenberg einst das „Freiland“-Projekt der Öffentlichkeit vorstellte.

Auffällig außerdem: Die Konservativen halten sich in Sachen Jugendkultur an die Linie der Stadtkoalition aus SPD, CDU /ANW, FDP/ Familienpartei und Grünen. Rückenwind ist von der CDU-Fraktion nicht zu erwarten, aber offenbar auch keine Gegenwehr. Ein Omen für die Oberbürgermeisterwahl? Immerhin wird in der Stadt gemunkelt, die hier traditionell eher schwachen Bürgerlichen würden einen eigenen Kandidaten für die Wahl präsentieren. Dies wäre zwar nicht gegen das Statut der Stadtkoalition, sicher jedoch ein effektiver Plan, um Jakobs Stimmen abspenstig zu machen und so dem Linken Scharfenberg den Weg zu ebnen. Doch wie heißt es im Fußball immer so schön? Die Wahrheit liegt auf dem Platz.

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