
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Warten und lauthals kreischen
Schauspieler und Regisseur Matthias Schweighöfer stellte seinen neuen Film „Schlussmacher“ im UCI-Kino vor
Stand:
Potsdamer Mädchen im Star-Rausch: Dicht gedrängt stehen etwa 500 Fans mehrere Stunden vor der Vorstellung des neuen Films von Matthias Schweighöfer am Absperrgitter. Filzstifte und Fotos des Filmstars werden hektisch aus den Taschen gezerrt. Die Temperatur steigt, die Ersten ziehen ihre Jacken aus. Aus Langeweile holt man sich große Popcorntüten. Der Platz wird nur ungern verlassen, aber die beste Freundin wird diesen vehement verteidigen.
Nicht nur Teenies warteten am Freitagmittag im Kino in den Bahnhofspassagen gespannt auf den 31-jährigen Regisseur - auch ältere Frauen und eine Handvoll männlicher Besucher waren vereinzelt in der Menge auszumachen. „Ich bin heute eigentlich in geheimer Mission hier“, erzählte die 29-jährige Krankenschwester Jule Krage, die direkt von ihrer Nachtschicht aus dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ zur Autogrammstunde kam. Ihr Freund wisse zwar, dass sie Schweighöfer gut findet, aber mehr müsse er auch nicht wissen. Um die Wartezeit zu verkürzen, diskutierte sie mit ihren Freundinnen über das Single-Dasein des Wahlberliners. Erst vor Kurzem hatte sich Schweighöfer von der Mutter seiner dreijährigen Tochter getrennt. „Bin ich etwa in der Minderheit hier“, scherzte der 41-jährige Dirk Schroeder aus Potsdam. Natürlich habe seine Frau die Idee gehabt, sich ein Autogramm zu holen. „Aber ich mag den Typ auch gerne. Er ist authentisch.“ Der 56-jährigen Steffi Sommer, die auch auf eine Unterschrift wartete, gefällt Schweighöfers Natürlichkeit. „Der ist nicht so abgehoben“.
Gewisse Star-Allüren zeigte der von der New York Times als neuer Woody Allen hochgelobte Schauspieler und Regisseur jedoch schon. Mit fast einstündiger Verzögerung erschien er dann endlich vor seinen Fans. Das Vorab-Interview mit der Presse hatte er kurzfristig abgesagt. Von Kinoleiter Rene Pilz wurde die Absage damit begründet, dass sich „Matthias ziemlich geschafft fühlt“. Nach der anstrengenden Promotiontour auch kein Wunder: Für seine am 10. Januar gestartete Komödie „Schlussmacher“ macht er in 31 deutschen Städten Werbung.
Nach seiner Komödie „What a Man“ stand er bereits zum zweiten Mal hinter der Kamera. In „Schlussmacher“ spielt der gebürtige Anklamer auch die Hauptrolle des Paul, der für eine Berliner Trennungsagentur die Beziehung seiner Klienten beendet. Pauls Dienstreise nimmt chaotische Züge an, als er auf Toto trifft, der die erzwungene Trennung nicht akzeptieren will. Deutsche Schauspielgrößen wie Nadja Uhl, Milan Peschel und Heiner Lauterbach hat Schweighöfer für seinen Film gewinnen können. Zum Kinostart, so meldet Spiegel Online, erreichte sein aktueller Streifen mit 455 000 Zuschauern das beste Startergebnis eines deutschen Films seit Till Schweigers „Kokowääh“.
In Potsdam plauderte der Filmemacher nach der ohrenbetäubenden Autogrammstunde noch mit seinen Fans. Er entschuldigte sich für seine Verspätung, immerhin sei der Weg von Berlin nach Potsdam doch sehr weit. Das Publikum lachte. Schweighöfer lobte: „Man merkt, dass man in Brandenburg ist, da haben die Leute Humor.“ Auch Caputh, das in seinem Film vorkommt, wurde gewürdigt: „Das ist ein schönes Fleckchen Erde.“
Trotz des ganzen Trubels freut sich Kinoleiter Rene Pilz über Promotiontouren dieser Art, die ein- bis zweimal pro Jahr Halt in Potsdam machten. An Promis mangele es dem Potsdamer Kino aber nicht: Wolfgang Joop, Günther Jauch, Ben Becker und Vera Int-Veen würden sich für das private Filmvergnügen „hier die Klinke in die Hand geben“. Auch Schweighöfer sei bereits zum dritten Mal im Potsdamer UCI - das habe zuvor noch kein anderer gemacht. „Ich finde schon, dass er einen guten Bezug zu Potsdam hat“, sagt Pilz.
Für so viel Treue nahm der Kinoleiter das gestrige Chaos gerne in Kauf. Nur die wenigsten Promis würden so viele Besucher anlocken wie der junge Filmemacher. „Vor Kurzem war Kurt Krömer hier, da war es lang nicht so voll“, erzählte der technische Leiter des Kinos, Marko Hahn. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einem Teeniestar die Nerven mit den jungen Mädchen durchgehen würden. Auch die Nerven einer 72-jährigen Rentnerin lagen nach einer Stunde endgültig blank, als sie ihrem Enkel zuraunte: „Haste jetzt endlich jenuch“.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: