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Teure Tropfen. Potsdams Wasser kostet mehr als in jeder anderen deutschen Großstadt, sagt eine Studie.

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VIER GRÜNDE FÜR EINEN DER HÖCHSTEN WASSERPREISE: Warum das Wasser so teuer ist

Die Wohnungsunternehmen werfen der EWP Mauschelei vor, aber die hält ihre Kalkulation geheim

Stand:

Die Stadtwerke erklären die hohe Wassergebühr so: 1. sei die Bevölkerungsdichte besonders gering. Die Betriebskosten des Wassernetzes, die auf die Haushalte aufgeteilt werden, seien darum für den einzelnen höher. 2. hätten die Stadtwerke nach der Wende ein neues Abwassersystem aufbauen müssen. Die Kosten seien Teil der Gebühren. 3. müssten für die rund 20 Prozent der meist schon zu DDR-Zeiten gebauten Leitungen Entschädigungen an die Grundstücksbesitzer gezahlt werden, in deren Boden die Rohre liegen. Und 4. versuchten die Stadtwerke möglichst viele Potsdamer ans Abwassernetz anzuschließen, um private Klärgruben zu beseitigen.

Das sind Nachwendeprobleme, die es überall in Brandenburg gibt. Trotzdem liegt Potsdam weit über dem brandenburgischen Durchschnittspreis von 5,13 Euro. just

Zu teuer und nicht nachvollziehbar – der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen hat die Wasserpreise der Potsdamer Stadtwerke kritisiert. „Die Tarifkalkulationen sind intransparent“, sagte Verbandssprecher David Eberhart gestern auf Anfrage. „Das ist eine ziemliche Mauschelei“, sagte er. Leitungswasser ist schon jetzt in keiner anderen deutschen Großstadt teurer als in Potsdam. Das fand zumindest das Institut der deutschen Wirtschaft 2008 in einer Studie heraus.

Seitdem haben die Stadtwerke den Wasserpreis aber schon wieder erhöht: Mindestens 5,52 Euro müssen die Potsdamer jetzt für jeden Kubikmeter aus dem Wasserhahn zahlen. Und bis zum Jahr 2012 soll es schrittweise noch teurer werden, nämlich 7,17 Euro pro Kubikmeter Trink- und Abwasser. Hinzu kommt eine jährliche Grundgebühr ab 90 Euro.

„Dass die Wasserpreise in Potsdam in so kurzer Zeit um ein Viertel steigen, ist ein harter Schlag für die Bürger“, sagte Eberhart. Nach seinen Angaben seien „Quersubventionierungen und die Refinanzierung der Rekommunalisierung“ schuld an den hohen Gebühren. Die Stadt hatte 1997 den Wasserbetrieb an das französische Unternehmen Eurawasser verkauft. 2000 kauften es die Stadtwerke für einen dreistelligen Millionenbetrag zurück.

Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen räumte zwar ein, den kommunalen Verkehrsbetrieb ViP mit einem kleinen Gewinn aus den Wassergebühren zu unterstützen. Der sei aber nicht höher als das Kommunalabgaben-Gesetz erlaubt, betrage also nicht viel mehr als drei Prozent. Denn eigentlich dürfen mit Gebühren keine Gewinne erzielt werden.

Doch wie sich die Wasserpreise tatsächlich zusammensetzen, bleibt vorerst das Geheimnis der Energie und Wasserversorgung Potsdam, kurz EWP, die zu 35 Prozent dem Stromversorger Eon Edis und zu 65 Prozent den Stadtwerken, also der Landeshauptstadt gehören. Die Bilanz des Wasserbetriebs der Öffentlichkeit zu zeigen, bringe ja niemanden etwas, man könnte ja allein durch die Transparenz nichts daran ändern, sagte Paffhausen gestern dieser Zeitung. Das Pikante daran: Früher hatte Paffhausen gegenüber der Presse behauptet, die EWP führe keine eigene Bilanz für die Wasserver- und -entsorgung.

„Ich habe den Wasserpreis nur geerbt“, betonte Paffhausen. Der stehe nämlich seit der Privatisierung 1997 fest. Der Zuschlag ging an das Unternehmen, das der Stadt den niedrigsten Wasserpreis angeboten hatte. Der sei damals vertraglich auf 20 Jahre, bis 2017, festgesetzt worden. Die Stadtwerke hätten den Preis lediglich an die höheren Energie- und Personalkosten sowie der Inflation angepasst. Und zwar im Rahmen der vereinbarten Preisgleit-Formel.

Der Wasserpreis könne also erst 2018 wieder geändert werden, so Paffhausen. Dann würden die Stadtwerke auch die Kalkulation offenlegen. Allerdings nur, wenn die Stadtwerke den Wasserbetrieb behalten, erklärte Paffhausen. „Wenn die Stadt sagt: EWP, Ihr habt das o.k. gemacht, versorgt uns weiter mit Wasser, dann würden wir jedes Jahr eine ganz transparente Kalkulation erstellen“, erklärte er. Möglich wäre aber auch, dass die Stadt den Wasserbetrieb wieder ausschreibt, um mit einem Versorgungsunternehmen einen neuen Langzeit-Vertrag auszuhandeln, sagte Paffhausen. In diesem Falle bliebe den Potsdamern auch weiterhin der Einblick in die Wasserbilanzen der Stadt versperrt. Die Stadtwerke aber würden sich auf jeden Fall auch um den Zuschlag bewerben, sagte Paffhausen. Was die Verwaltung 2018 mit ihren Wasserbetrieb macht, müssten die Stadtverordneten entscheiden.

Juliane von Wedemeyer

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