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Gestank in der Innenstadt Potsdam: Warum es im Zentrum stinkt
In Potsdams Innenstadt müffelt es. Die Kommunale Stadtwerke-Tochter EWP geht nun gegen den üblen Geruch vor, doch viel kann man nicht tun.
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Potsdam - Ein tiefer Atemzug kann in der Potsdamer Innenstadt bisweilen ein unangenehmes Erlebnis sein. Es mieft, stinkt und müffelt – in der Brandenburger Straße zum Beispiel oder am Fortunaportal am Alten Markt. Leser meldeten sich schon mehrfach bei den PNN und fragten nach der Ursache des Gestanks.
Nun reagiert Potsdams Wasserversorger Energie und Wasser Potsdam (EWP): „Auffällige Bereiche sollen in der Sommerzeit zusätzlich gespült werden“, hieß es auf PNN-Anfrage. Nachdem bereits im Sommer vergangenen Jahres vermehrt störende Gerüche wahrgenommen wurden, habe man das Problem analysiert. Über mehrere Monate habe die EWP flächendeckende Messungen der Kanalatmosphäre veranlasst. Darüber hinaus werden seit Juni in der Innenstadt chemische Wirkstoffe eingesetzt, um den Geruch zu bekämpfen.
Nicht nur in Potsdam stinkt es
Potsdam ist mit seinem sommerlichen Gestank nicht allein. In den Sommermonaten trete das Problem in unterschiedlichem Maße auch in anderen Städten auf, so die EWP. Eine Potsdamer Besonderheit sei allerdings die Teilung in zwei verschiedene Kanalisationen. Nördlich der Havel wurde im 19. Jahrhundert mit dem Bau begonnen. Damals war es üblich, Schmutz- und Regenwasser im selben Rohr abfließen zu lassen. Mischwassersystem nennt sich das. Es existiert bis heute in der Innenstadt und ist auch der Standard in allen anderen Stadtteilen nördlich der Havel. Weil alles durch ein Rohr muss, seien relativ große Rohrleitungen verlegt worden. Bei trockenem Wetter fließt nur noch das Abwasser durch die Rohrleitungen – und ist entsprechend langsamer unterwegs. Am anderen Havelufer wird hingegen getrennt: Regenwasser und Schmutzwasser haben eigene Kanäle. Dieses Trennsystem ist die neuere Bauart und weniger anfällig für störende Gerüche. Der Nachteil sind die höheren Kosten, weil zwei Rohre verlegt werden müssen.
Ist es längere Zeit warm, wird die Geruchsentwicklung in den Kanalnetzen begünstigt. Dies liegt an den beschleunigten biochemischen Prozessen im Abwasser – es fault einfach schneller. Doch auch wenn es nach längerer Trockenheit wieder regnet, ist der Gestank noch nicht beseitigt. Es kann sogar erst mal noch stärker riechen: Steigt der Wasserstand in den Kanälen schnell an, werden die übelriechenden Faulgase durch die Lüftungsöffnungen hinausgedrückt. Das kann über die Schachtdeckel der Kanalisation passieren oder durch die Be- und Entlüftungsleitungen in den Hausinstallationen, hieß es.
Potsdamer verbrauchen weniger Wasser
Unbeabsichtigt trägt auch die Sparsamkeit der Verbraucher zum Problem bei. In den vergangenen 20 Jahren ist der Wasserverbrauch auch in Potsdam um etwa die Hälfte zurückgegangen. Deshalb fließt weniger Abwasser durch die Kanäle. Kalk, Fett und Fäkalien lagern sich in den Leitungen ab und beginnen zu faulen.
Alle neun Jahre prüft die EWP den Zustand des Kanalnetzes. Dabei wird die Kanalisation unter anderem mit Kameras befahren. So sei beispielsweise die Kanalisation am Bassinplatz erst 2013 zur Vorbereitung einer Baustelle geprüft worden. Trotzdem wird auch von dort immer wieder über Gestank berichtet. Sofortmaßnahmen gibt es nur dann, wenn gefährliche Schäden beseitigt werden müssen.
Viele alte Leitungen in der Innenstadt
Besonders groß ist der Sanierungsbedarf laut EWP in der Innenstadt, aber auch in der Berliner, der Nauener, der Brandenburger und der Jägervorstadt. Dort stammten jeweils 40 Prozent der Abwasserleitungen noch aus der Zeit vor 1938. Weitere 15 Prozent liegen mindestens seit Anfang der 1960er-Jahre im Boden. Sanierungsbedarf gebe es auch in Babelsberg: Dort seien 60 Prozent der Schmutz- und Mischwasserkanäle mindestens 75 Jahre alt. In der Templiner und Teltower Vorstadt liegen ebenso viele alte Leitungen.
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