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Das Badevergnügen in der Havel könnte durch mehr Starkregen, der Fäkalien in die Seen spült, künftig eingeschränkt werden.

© R. Hirschberger/dpa

Mehr Hitze, mehr Wasser, mehr Strom: Was der Klimawandel für Potsdam bedeutet

In Potsdam wird es heißer. Experten raten deshalb zur Anpassung der städtischen Infrastruktur und zeigen auf, wo die Stadt dringend reagieren muss.

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Potsdam - Müllabfuhr nur noch in kühleren Morgen- oder Abendstunden, mehr Regenwasserspeicher und größere Trinkwasserspeicher – wenn sich das Klima wandelt, wandeln sich auch die Anforderungen an die städtische Infrastruktur. Für den ersten Potsdamer Klimaanpassungsbericht haben Experten im Auftrag der Stadt analysiert, wie sich das Klima in Potsdam in den kommenden Jahrzehnten entwickeln wird, in welchen Bereichen der Klimawandel Schwierigkeiten machen könnte und wo die Stadt dringend reagieren muss.

Hitzeperioden mit Tagestemperaturen von über 30 Grad und sogenannten tropischen Nächten, in denen die Temperatur nicht unter die 20-Grad-Marke fällt, werden in Potsdam häufiger werden, schreiben die Wissenschaftler, darunter auch Forscher des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), in dem knapp 300-seitigen Papier (PNN berichteten). Bis zum Ende des Jahrhunderts sagen sie für die Landeshauptstadt ein Klima voraus wie es heute im südfranzösischen Toulouse herrscht. Während die Niederschlagsmenge insgesamt zunehmen wird, erwarten die Experten insgesamt mehr Trockenperioden und mehr Starkregen-Ereignisse.

Hitze sorgt für höheren Energieverbrauch

Das hat Auswirkungen auf die Energieversorgung in Potsdam. An heißen Tagen steige der Energieverbrauch – dafür sorgen unter anderem Klimaanlagen. Nach Auswertung der bisherigen Verbrauchszahlen gehen die Forscher davon aus, dass der gesamtstädtische Stromverbrauch an Tagen, die wärmer als 30 Grad sind, je weiteres Temperaturgrad um 1,3 Prozent zunimmt. Dieser Effekt könne sich bei einem breiteren Einsatz von Klimaanlagen noch verstärken. Schon jetzt müsse der städtische Energieversorger EWP im Sommer zusätzlichen Strom zukaufen. „Eine weitere Erwärmung würde daher voraussichtlich zu einem größeren Stromimport führen“, so die Forscher.

Wie der Stromverbrauch an heißen Tagen in die Höhe schnellt, ist beim Verkehrsbetrieb schon bekannt. An Hitzetagen besteht auch Kühlungsbedarf in Bussen und Bahnen – heute sind Klimaanlagen aber regelrechte Stromfresser: Bis zu 30 Prozent des Gesamtenergiebedarfs eines Fahrzeugs verbraucht allein die Kühlung. Bei mehr Hitzetagen werde der Betrieb der Fahrzeuge daher teurer.

Probleme für die Müllabfuhr

Das Potsdamer Stromversorgungsnetz halten die Wissenschaftler nach Rücksprache mit der EWP für weitgehend hitze-, sturm- und starkregensicher. Mit einer Ausnahme: Trafos seien bei großer Hitze problemanfällig. So müsse die Elektronik, die nur bis 35 Grad ausgelegt ist, mit Extralüftern gekühlt werden. Momentan seien damit zwar keine Probleme bekannt, eine Anpassung der Technik könne aber erforderlich werden. Für kritisch halten die Experten die Lage aber nicht – selbst wenn Ausfälle zunehmen sollten.

Ein größeres Problem stellt die Müllabfuhr in heißen Zeiten dar – und zwar sowohl für die damit befassten Mitarbeiter als auch für Anwohner. Die Mitarbeiter müssen aus Sicherheitsgründen lange, feste Schutzkleidung tragen und kommen damit bei Hitze besonders leicht ins Schwitzen. Als weitere Gefahr machen die Experten die erhöhte Keimbelastung des Abfalls an warmen Tagen aus: Mikroorganismen wie Fäulnisbakterien könnten sich dann schneller vermehren. Das kann nicht nur für die Gesundheit ein Problem werden, es riecht auch unschön – häufigere Müllabholtouren könnten sinnvoll sein. Auch eine Verlegung der Touren in die kühleren Morgen- und Abendstunden schlagen die Experten vor. Bislang sei das aber nicht möglich, unter anderem weil Ruhezeiten für Anwohner eingehalten werden müssen. Auch für eine angepasste Arbeitskleidung für die Müllabfuhr-Mitarbeiter plädieren die Experten dringend.

Mehr Wasser für Potsdam

Auch bei der Wasserver- und entsorgung sehen die Forscher Handlungsbedarf. Die gute Nachricht zuerst: Die Versorgung aus den 80 Trinkwasserbrunnen im Stadtgebiet halten die Forscher auch bei klimabedingt leicht steigenden Wasserbedarf für sicher – die Grundwasserneubildung jedenfalls sei nicht gefährdet. Denn auch die Gesamtniederschlagsmenge erhöht sich den Prognosen zufolge. Dennoch raten die Experten dazu, bessere Speicherkapazitäten für Trinkwasser zu prüfen – schon jetzt könnten die Spitzenbedarfe an heißen Tagen nur durch vorausschauendes Füllen der Speicher gedeckt werden.

Ein größeres Problem stellen die Starkregenfälle dar: Überflutete Straßen, wie sie in regelmäßigen Abständen bereits jetzt etwa an der Kreuzung Zeppelinstraße und Geschwister-Scholl-Straße vorkommen, und ein überlastetes Abwassersystem können die Folgen sein. Mit Folgen wiederum auch für die Badewasserqualität in den Potsdamer Seen: Denn der verstärkte Zufluss ungeklärten Regenwassers verstärkt auch das Auftreten der gesundheitsgefährdenden Blaualgen.

Vermehrt Regenwasserspeicher

Die Experten fordern daher unter anderem die Einrichtung von mehr Regenwasserspeichern. Dadurch gerate bei Starkregen weniger Wasser ins Abwassernetz; gleichzeitig könne das gesammelte Regenwasser beispielsweise zur Reinigung von Bussen des Verkehrsbetriebs genutzt werden, was wiederum Trinkwasser spart.

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