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Links und rechts der Langen Brücke: Was Potsdam gut tut

Sabine Schicketanz über den Fauxpas des Baubeigeordneten Matthias Klipp – und die Gefahr, dass der Grüne seine Vorzugsstellung verspielt

Stand:

Matthias Klipp nimmt kein Blatt vor den Mund. Nicht im Stadtparlament, nicht im Fachausschuss, nicht auf Pressekonferenzen, und schon gar nicht in privaten E-Mails. Wie wenig der neue Baubeigeordnete von der bisherigen Potsdamer Baupolitik hält, erfuhr dank einer fehlgeleiteten E-Mail jetzt die ganze Stadt. Ein Fauxpas, der Klipp seine Reputation kosten könnte?

Eher nicht. Denn der Grüne Klipp kommentierte in seinem Schreiben an Parteifreunde nicht nur sarkastisch, bissig und boshaft die Sanierung der Stadt- und Landesbibliothek – er stellte jenseits von Provokation und Populismus auch entscheidende Fragen: Warum beispielsweise gibt es für die Fassade der Bibliothek nur einen Entwurf – wenn ansonsten für jeden Bau in Potsdams Mitte Alternativen gefordert oder per Bürgerengagement erzwungen werden? Warum geben sich die Stadtverordneten mit dem einsamen Fassadenentwurf zufrieden? Warum regt sich die Architektenkammer nicht, die ansonsten immerzu Architektenwettbewerbe fordert? Warum hat sich niemand Gedanken über die Betriebskosten für den künftigen Bau gemacht, die schließlich mit öffentlichen Geldern bezahlt werden – die möglicherweise dann für den eigentlichen Unterhalt der Bibliothek fehlen?

Damit legt Klipp den berühmten Finger in die Wunde. Antworten freilich erhält er zunächst nicht. Stattdessen musste der Beigeordnete in einem Pressestatement sein Bedauern über die fehlgeleitete E-Mail äußern – und versprechen, sich künftig nur noch in enger Abstimmung mit Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und in den dafür vorgesehenen Gremien zu äußern. Das mag eine nachvollziehbare Reaktion des Oberbürgermeisters sein  – doch sie wird nicht bei allen Verständnis hervorrufen. Klipp hat zwar keine Gelegenheit ausgelassen, mit seinen konträren Positionen bei „heißen Eisen“ wie der Humboldtbrücke, dem Weisse Flotte-Neubau am Hafen und der Tempo-30-Zone für ganz Potsdam Skepsis zu provozieren. Öfter allerdings scheint die Öffentlichkeit erstaunt, manchmal beeindruckt von dem prägnanten Auftreten des Beigeordneten, seiner klaren Haltung – und dies in einem Ressort der Verwaltung, das jahrelang unter einer schwachen Führung litt. Das Fazit vieler ist daher klar: Klipp tut Potsdam gut – trotz oder gerade wegen seiner umstrittenen Vorstöße. Es besteht allerdings die Gefahr, dass der Grüne diese Vorzugsstellung ganz allein verspielt, wenn er übers Ziel hinausschießt. Er darf keinen Zweifel daran lassen, dass er Beschlüsse der Stadtverordneten umsetzt, alle weiteren Pflichten eines Beigeordneten erfüllt – und vor allem zum Wohle der Stadt Potsdam agiert.

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