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GFZ misst Veränderung des Meeresspiegels
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„Tom und Jerry“ umrunden die Erde. In 500 Kilometer Höhe schaffen sie die Umkreisung in weniger als 95 Minuten. Die beiden so benannten Satelliten sehen aus wie zwei abgeplattete Satteldächer und funken ständig Daten über die Feucht- und Trockengebiete in und über der Erdkruste zum Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ). Dort brüten Wissenschaftler über Rechenmodellen, um bis ins Kleinste nachzuvollziehen, wie sich die Wasserhaushalte der Erde verändern. Der Mensch untersucht die Erde unter seinen Füßen heute aus dem All.
„Der Meeresspiegel ist nicht homogen“, erklärt Professor Maik Thomas vom GFZ. Häufiger gebe es abrupte Änderungen durch Erdbeben. Auch die Wasserentnahme von dicht besiedelten Küstenregionen, beispielsweise der Megacitys wie Bangkok, habe deutliche Auswirkungen. Einerseits sinke der Grundwasserspiegel, andererseits senke sich das Land als Folge davon ab. Wie schnell beides weltweit geschieht, versuchen Geowissenschaftler mithilfe von Bojen, Gravimetern und Satelliten herauszufinden. Die beiden Zwillingssatelliten liefern hierfür wichtige Rohdaten. Als „Satellitentandem Grace“ senden sie einen kontinuierlichen Strom von Messungen zur Erde.
Maik Thomas erstellt Rechenmodelle, die erst die Grundlage für die Interpretation der Veränderungen von Erde und Atmosphäre liefern. Die Besonderheit der beiden Satelliten besteht in ihrer unsichtbaren, aber genau definierten gegenseitigen Abhängigkeit. Positioniert in 220 Kilometer Entfernung voneinander in der Erdumlaufbahn reagieren sie sensibel auf Veränderungen des Gravitationsfeldes der Erde. Wie stark die baugleichen Zwillinge auf die Erdanziehung reagieren, ist dabei maßgeblich vom Wasser abhängig, das in der Erde gespeichert ist oder von ihr verdunstet. Denn entsprechend der bewegten Wassermenge variiert die Anziehung, die aus der Erde ins All wirkt, und so den Abstand der beiden Satelliten verändert. Die an Bord befindlichen Messinstrumente zeichnen mit der Genauigkeit von einigen Tausendstel Millimeter auf, wie sich der Abstand verändert. Sie messen also mit der Genauigkeit des Zehntels eines Durchmessers eines Haares.
Diese Genauigkeit ist neu. „Wir können nicht einfach einen Messstab ins Meer stecken und nachschauen, wie sich die Wasserhöhe verändert“, stellt Thomas fest. Der globale Wasserstand sei letztlich ein Rechenkonstrukt. An entsprechenden Rechenmodellen für die Veränderungen der Wasserhaushalte arbeiten praktisch alle Forscher des Symposiums. Sie schaffen zwei- und dreidimensionale Grafiken und Schaubilder, anhand derer die Veränderungen anschaulich werden, die der Mensch seiner Umwelt zufügt. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Massenverluste der gesamten Berggletscher der Erde zwischen 2004 und 2010 rund dreißig Prozent geringer ist sind als bisher angenommen. Mit Ausnahme von Grönland und der Antarktis.
„Unter erdgeschichtlichen Gesichtspunkten ist die gegenwärtige Veränderung der Wasserhaushalte und Meeresspiegel nicht besonders dramatisch“, konstatiert Thomas. Vor 500 Millionen Jahren habe der Meeresspiegel schließlich etwa 265 Meter höher als heute gelegen. Auch die Beziehung zwischen dem Temperaturanstieg der Atmosphäre aufgrund von Kohlendioxid und der Veränderung der Meeresspiegel sei über einen Zeitraum von Millionen von Jahren nicht so eindeutig, wie dies manches Filmszenario Hollywoods nahelege. Tektonische Veränderungen der Erdplatten und auch die chemische Zusammensetzung des Meerwassers und dessen Salz- und Eisgehalt hätten Einfluss auf den Meeresspiegel.
Dennoch sei unzweifelhaft, dass vom Menschen verursachte Veränderungen des Meeresspiegels deutlich zugenommen hätten. Während dieser im vergangenen Jahrhundert um rund 18 Zentimeter gestiegen ist, wäre bis 2100 ein Anstieg um 76 Zentimeter möglich. Trotz aller Kritik an den Mess- und Modellierungsmethoden des Weltklimarates IPCC hätten sich dessen Prognosen als eher zu niedrig erwiesen. „Ich bin kein Klimaskeptiker“, stellt der Forscher klar. Doch für die Klimadiskussion wünsche er eine Versachlichung. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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