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Landeshauptstadt: Weihnachten – „produktive Herausforderung und Motivation“

Der Heiligabend und die folgenden Feiertage bedeuten für Pfarrer und Kirchenmitarbeiter viel Arbeit und durchaus Stress

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Von einer besinnlichen Adventszeit haben Stephan Flade und seine Babelsberger Gemeinde nicht viel gespürt. Nach der Zeit der Einkehr und Stille mit Buß- und Bettag sowie Totensonntag im November ist der Advent nicht nur für die Gemeinde eine große Aufgabe: Oratorien, Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkte, Konzerte und lebendige Adventskalender sind nur eine kleine Auswahl gemeindlicher Aktivitäten in der Stadt.

„Weihnachten ist die größte Herausforderung im ganzen Kirchenjahr“, sagt Flade. Heute finden in Babelsberg in der Friedrichskirche, in der Kirche am Neuendorfer Anger, im Gotteshaus in Klein Glienicke und Bergstücken 13 Krippenspiele und Christvespern statt. Gut 3500 Gäste erwartet die Gemeinde. Ähnliche Verhältnisse in der Friedenskirche: Bis zu 1600 Gottesdienstbesucher werden dort erwartet und in der Sternkirche weit mehr als 300 Besucher. Einige Kirchen wie die Friedens- und die Pfingstkirche kämen an ihre logistische Grenze, sagt Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte. So haben in der Kirche am Pfingstberg normalerweise 500 Menschen Platz – die Bestuhlung wird auf 700 Plätze aufgestockt.

Für die Pfarrer und die anderen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter gehen die Weihnachtstage immer auch mit sehr viel Arbeit einher. Sie müssen sich aufraffen und die Aufgabe annehmen. Jugendliche üben nach der Schule Krippenspiele ein, für die Gestaltung der Christnacht müssen Sänger und Musiker gesucht werden. Neben der inhaltlichen Ausgestaltung gehören auch eine geputzte Kirche und geschmückte Nadelbäume zum Weihnachtsfest. Außerdem müssen für die vielen Besucher Gesangsbücher und Liedblätter griffbereit liegen. Bei aller Aktivität sollte laut Stephan Flade jedoch nicht vergessen werden, dass das Fest das Wichtigste ist und nicht die Vorbereitung.

„Wir rechnen damit, dass wir Leute treffen, die wenig in die Kirche gehen. Das ist kulturell bedingt“, erklärt Markus Schütte. „Vor Jahren gab es die Tendenz, am Heiligen Abend den Gottesdienstbesuchern die Leviten zu lesen“, so Schütte. Inzwischen werde akzeptiert, dass es andere Formen von Religiosität gibt. Viele Menschen suchen an bestimmten Stationen ihres Lebens Religion und Kirche, beispielsweise bei der Familiengründung und zu familiären Festen wie Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen, sagt der Theologe. Manche beginnen sich nach diesen Begegnungen kirchlich zu engagieren oder treten (wieder) in die Kirche ein.

In diesen Wochen ist an vieles zu denken. „Es ist nicht leicht sich heraus zu nehmen, um Gedanken für die Predigt zu sammeln“, erzählt der Stadtkirchenpfarrer, der auch Pastor in der Friedenskirche ist. Für ihn sind die Wochen vor Weihnachten eine „produktive Herausforderung und Motivation“, am Heiligen Abend stehen die lebenspraktischen Dimensionen im Mittelpunkt der Gottesdienste. Anders Andreas Marker. Der Pfarrer der Sterngemeinde sieht im Gottesdienst zur Heiligen Nacht die Chance, dem Grundgefühl der Menschen nach Religion nachzugehen. In der Vorbereitung versuche er die Menschen im Blick zu haben, die das ganze Jahr nicht kommen.

Stephan Flade setzt hingegen aufs Ritual. „Die Erwartung der Menschen ist an diesem besonderen Tag sehr hoch.“ Dazu kommt, dass der Tag aus drei einzelnen Tagen besteht, analysiert der Theologe: dem Arbeitstag, einem Gottesdienst- und einem Geschenketag. Diese Belastung führe häufig zu Stress, gar Streit. Für ihn sei wichtig, dass die Menschen zur Ruhe kommen. Die Vespern werden vom Orgelspiel und dem Singen der traditionellen Weihnachtslieder geprägt sein. Bestimmte Aspekte der Weihnachtsgeschichte nehme er in seinen Auslegungen an den beiden folgenden Feiertagen auf.

Der weihnachtliche Druck sei in den letzten Jahrzehnten stark gewachsen. Bis vor gut 80 Jahren, so Flade, wurde lediglich die Christnacht gefeiert. Sie begann um 17 Uhr und endete um Mitternacht. Damals stand die Geburt Jesu im Mittelpunkt der Gottesdienste. Heute beginnen die ersten Feiern teilweise schon um 14 Uhr. Sie sind für die Kinder, es folgen oft Gottesdienste für Jugendliche und später klassische Christvespern.

Nach der Wende hat die Zahl der Gottesdienstbesucher in der Christnacht zugenommen. Auch bringen sich viel mehr Menschen in die Vorbereitungen ein. Das mag durch Zuzüge bedingt sein, meint Flade. Außerdem hätten sich viele Menschen zu DDR-Zeiten nicht in die Kirchen getraut. In Potsdam, so Schütte, steigt nicht nur zu Weihnachten die Zahl der Gottesdienstbesucher. Ebenso an Feiertagen wie Karfreitag sowie an Sonntagen. Eine Tendenz, sagt Markus Schütte, die in der ganzen Stadt sichtbar ist.

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