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Weihnachten in Bereitschaft für Frauen in Not: Sozialarbeiterin Julia Laabs hilft in Potsdam auch an den Festtagen bei häuslicher Gewalt
Rund um die Feiertage steigt die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt. Rund um die Uhr ist Julia Laabs vom Frauenhaus erreichbar. Weihnachten feiert sie trotzdem – mit Einschränkungen.
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Menschen in Notlagen zu unterstützen, ist für Julia Laabs keine Frage. Vor allem Weihnachten, sagt sie, „das gehört für mich schon immer zusammen“. Früher verbrachte sie die Feiertage als Pflegerin im Krankenhaus, seit zwei Jahren übernimmt sie als Sozialarbeiterin den Bereitschaftsdienst für das Potsdamer Frauenhaus. Dieses bietet Frauen und ihren Kindern, unabhängig von Religion, Nationalität und Alter, eine Unterkunft an, wenn sie von häuslicher Gewalt betroffen oder bedroht sind.
Vom 23. bis 26. Dezember ist Laabs zu jeder Uhrzeit, ob Tag oder Nacht, erreichbar. Frauen, die bei ihr anrufen, befinden sich häufig in einer dramatischen Situation und brauchen akut einen ruhigen, sicheren Platz. Viele von ihnen haben bereits jahrelang psychische oder physische Gewalt erfahren. Nicht selten sind davon auch Kinder betroffen.
Mehr häusliche Gewalt zum Fest
Dass Julia Laabs es sich Weihnachten nicht auf der Couch bequem macht, das ist ihre Familie gewohnt. Auch an vielen anderen Wochenenden des Jahres arbeitet Laabs, die auch schon für die Fraktion Die Andere Stadtverordnete war, im Bereitschaftsdienst – zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit als Sozialarbeiterin in einem Jugendtreff.
Die Weihnachtsfeiertage verbringt sie jedes Jahr mit ihren drei Kindern. „Ich sage ihnen immer, dass es jederzeit einen Anruf geben kann und dass ich für ein paar Stunden mal weg sein kann“, sagt sie. „Das ist für uns alle total in Ordnung.“
Am Telefon entscheidet die 50-Jährige innerhalb von Minuten, wie genau sie den Betroffenen helfen kann. Das Wichtigste sei in den meisten Fällen, die Frauen möglichst schnell von dem Ort der Gewalt zu befreien. Manchmal reiche auch der Hinweis auf eine Beratungsstelle, die sie nach den Feiertagen aufsuchen können.
So ein Anruf kostet extrem viel Kraft und Mut.
Julia Laabs, hat Telefon-Bereitschaftsdienst im Frauenhaus
„Weihnachten ist eine hochsensible Zeit, weil sich alles auf den engen, familiären Kontext beschränkt“, sagt Laabs. Im Alltag können Betroffene den Tätern zumindest zeitweise aus dem Weg gehen, Weihnachten ist das meistens nicht möglich.
Erfahrungsgemäß erreichen Laabs während dieser Zeit mehr Anrufe als sonst, vor allem nachts. Nicht nur Frauen melden sich, sondern auch Ärztinnen, die etwa Hämatome an den Körpern von Betroffenen feststellen, Rettungssanitäter, Polizei oder Feuerwehr.
Eine der wichtigsten Aufgaben: Die Frauen bestärken
Wenn Julia Laabs an die Frauen denkt, die sie während ihrer Bereitschaftsdienste kennenlernt, bekommt sie Gänsehaut, sagt sie. „So ein Anruf kostet extrem viel Kraft und Mut. Häusliche Gewalt ist häufig sehr schambehaftet, viele wollen nicht, dass andere davon etwas mitbekommen.“ Eine ihrer wichtigsten Aufgaben sei es, die Frauen zu bestärken und ihnen zu verdeutlichen: Sie haben es bis hierhin geschafft. Die nächsten Schritte schaffen sie jetzt auch.
Sind Plätze im Potsdamer Frauenhaus frei, trifft sich Laabs zunächst an einem neutralen Ort mit den Betroffenen. Dann begleitet sie sie in die Unterbringung – wo sie an den Feiertagen ohnehin regelmäßig ist, um zu prüfen, ob es den Bewohnerinnen gut geht. Zum Schutz der Frauen und Kinder ist die Adresse des Frauenhauses geheim. Sind dort alle Plätze belegt, setzt sich Laabs mit anderen Frauenhäusern in Brandenburg in Verbindung, etwa in Neuruppin, Cottbus oder Lauchhammer.
Wie lange Betroffene dort bleiben, kommt ganz auf den individuellen Fall an. „Unser Wunsch ist es, dass sie so schnell wie möglich wieder mit Unterstützung in den Alltag kommen“, sagt Laabs. Dazu gehöre, eine eigene, bezahlbare Wohnung zu finden und psychologisch betreut zu werden. „Aber die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt und in der therapeutischen Versorgung ist ja bekannt.“
Ein Weihnachtswunsch von Julia Laabs ist, dass sich etwas verändert. Dass das Bewusstsein für häusliche Gewalt und Femizide, also die gezielte Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, wächst. Und dass finanzielle Mittel und genug Personal bereitstehen, um Frauen in Not zu helfen. Aber sie wünscht sich mehr mehr Hilfsangebote für männliche Täter. Nur so könne die Gewaltspirale irgendwann durchbrochen werden.
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