Landeshauptstadt: Weil Marmor, Stein und Eisen bricht
Morgen wird in der Orangerie Neuer Garten die große Restaurierungsausstellung eröffnet
Stand:
Vor drei Jahren wurde die aus Terrakotta gebrannte Erato, Muse der Liebesdichtung und des Tanzes, durch Vandalen von ihrem Sockel gestürzt. Die von dem berühmten Bildhauer Rauch 1847 bis 1851 nach antiken Vorbild geschaffene Statue zerbrach beim Aufprall in ungezählte Stücke. Die Restauratoren haben sie in mühevoller Kleinarbeit wieder zusammengefügt, ihren Nischenplatz am Mühlenhaus in Sanssouci wird Erato jedoch nicht zurückerhalten. Das wertvolle Original soll vielmehr ins Depot gebracht und durch eine Kopie ersetzt werden. Dafür wird das hochmoderne Computerverfahren 3D-Plott genutzt.
Die Wiedergeburt der Erato ist eins von Hunderten faszinierender Beispiele, an denen die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in ihrer diesjährigen Hauptausstellung „Marmor, Stein und Eisen bricht - die Kunst zu bewahren“ ab morgen die Bemühungen ihrer Restauratoren darstellt, die Kunstschätze zu sichern und zu bewahren. Ausstellungskuratorin Kathrin Lange hat dazu die Orangerie im Neuen Garten dreifach unterteilt. In der östlichen Pflanzenhalle werden all jene Arbeiten vorgestellt, die im Inneren der Schlösser erforderlich sind. Daran sind die Werkstätten für Textilrestaurierung, für Papier, Porzellan, Holz und Metall beteiligt. Eindrucksvoll vier von Kändler um 1750 geschaffene und von Uta Scholz restaurierte Tafelaufsätze aus Meißner Porzellan, die die vier Elemente darstellen.
Die Westhalle ist dem Gartenraum gewidmet, zeigt Skulpturen und Fassadenzier in Marmor, Sandstein, Terrakotta, Bronze, Zinkguss und Galvanoplastik. Als Höhepunkt gleich doppelt die „Luft“ von Lambert Sigisbert Adam – einmal das Original aus dem Jahr 1749, das nun ins schützende Depot gebracht wird, zum anderen die von Bildhauer Andreas Klein gerade fertiggestellte Kopie, die den Platz an der Großen Fontäne einnehmen wird.
Die Ausstellung ist jedoch nicht nur räumlich gegliedert, sie stellt vom Schadensbild über Analyse und Untersuchungen, dem daraus entwickelten Konzept, Konservierung, Restaurierung, Kopie oder Rekonstruktion und schließlich Prävention, die Schädigungen durch Witterungseinflüsse, Feuchte, Lichteinwirkung und anderem vorbeugt, auch die Wege der Erhaltung dar. Dabei stehen die Restauratoren oft vor schwierigen Entscheidungen. Der Besucher kann sie am Beispiel des Stibadiums im Paradiesgärtl nachvollziehen. Am Computer wird ihm die Aufgabe gestellt, ob er die Wandmalerei der Südapsis im jetzigen Zustand konservieren, ob er sie restaurieren oder erneuern lassen will. Ähnlich publikumsbezogen zeigt sich die Ausstellung auch an ihren nicht weniger als 23 Nebenschauplätzen von den märkischen Landschlössern Oranienburg und Rheinsberg über Berlin-Charlottenburg bis zum Schloss Babelsberg, das erstmal seit Jahren wieder zugänglich gemacht wird, sowie durch ihr reichhaltiges Begleitprogramm. Dazu zählen die Reihen „Experten führen“ und „Offene Werkstätten“. Schon am nächsten Sonntag, dem 2. Juli, bietet der Neue Garten von 11 bis 17 Uhr ein Familienfest, auf dem sich auch die Jüngsten als Restauratoren versuchen können.
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: