Von Erhart Hohenstein: Weinberg wird Touristenattraktion Am Klausberg, dessen Anlagen hergerichtet werden, ist am Sonntag erstmals Erlebnistag
Sanssouci - Der ab 1769 unter König Friedrich II. am Südhang des Klausbergs angelegte Wein- und Obstgarten wird am Sonntag erstmals in seiner fast 250-jährigen Geschichte für das Publikum geöffnet.
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Sanssouci - Der ab 1769 unter König Friedrich II. am Südhang des Klausbergs angelegte Wein- und Obstgarten wird am Sonntag erstmals in seiner fast 250-jährigen Geschichte für das Publikum geöffnet. Von 13 bis 17 Uhr laden die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und die Berliner Behinderten-Werkstätten „Mosaik“ zu einem Gartentag auf das Gelände nahe Belvedere und Drachenhaus ein. Die Gartenrevierleiter Sven Hannemann und Sven Kerschek leiten um 14.15 Uhr und 16.15 Uhr Führungen zu den Themen „Geschichte und Geschichten der Gärten am Klausberg“ sowie um 13.15 Uhr und 15.15 Uhr zu „Aufstieg, Verfall und Wiedergeburt einer Gärtnerei“. Mosaik bietet Kräuter, Eingelegtes, Töpfereiwaren, Marmeladen und Blumengestecke an. Die Gruppe „Flunkerproduktionen“ zeigt eine Adaption des Märchens „Die Prinzessin auf der Erbse“, zwei Saxophonisten wandeln durch die Anlagen.
Wie Marketingmitarbeiterin Petra Wesch erklärte, will die Stiftung mit dem Gartentag auf die Rekultivierung des verfallenen Weinbergs aufmerksam machen. Als in den 90er Jahren auf dem Hügel das kriegsbeschädigte Belvedere wiederaufgebaut wurde, war bereits die oberste der fünf Talutmauern erneuert und wieder mit Wein bepflanzt worden. Zudem richtete die Potsdamer Straffälligeninitiative MUG („Mit uns gelingt''s“) die so genannten Lepèreschen Quartiere her. Das sind nach einem französischen Gärtner benannte Mauergevierte, in denen sich die Sonnenwärme fängt. Sie ermöglichen deshalb frühe Ernten von Pfirsichen und Wein. 2006 gingen dann die Mosaik-Werkstätten, die auf verschiedensten Gebieten 2000 meist behinderte Mitarbeiter beschäftigen, an die Rekultivierung der übrigen Anlagen. Unter Anleitung von Dirk Häusser, dem Abteilungsleiter für Garten- und Landschaftspflege, haben sie bereits Obstbäume historischer Sorten gepflanzt, das schmiedeeiserne Eingangstor restauriert, einen Weg freigelegt und ein Heizhaus hergerichtet. Dort zeigen sie am Sonntag eine Ausstellung zum Klausberg und seiner Geschichte.
Um den Weinberg, der früher durchgängig verglast war, komplett wieder herzurichten, wären etwa 3,5 Millionen Euro erforderlich, schätzt Gartendenkmalpfleger Gerd Schurig, der das Vorhaben wissenschaftlich betreut. Die könne Mosaik nicht aufbringen, deshalb seien schnellere Fortschritte als bisher nur durch stärkeres Sponsoring möglich. Immerhin, so Schurig, habe der Verein der „Freunde der preußischen Schlösser und Gärten“ sein Interesse signalisiert. Als Betreiber will Mosaik sowohl Behinderten Arbeit geben als auch den Weinberg zu einer Touristenattraktion entwickeln. Dazu sind unter anderem ein Wein- und Obstlehrpfad und eine Besucherbetreuung geplant.
Die Anlagen am Klausberg hatte der aus dem Rheinland stammende Jürgen Friedrich Werle 1769 mit Erlaubnis von König Friedrich II. angelegt. Als Gegenleistung sollte der ehemalige Grenadier den Hof mit Tafelobst beliefern. Er hatte jedoch wenig Erfolg, so dass die Anlagen an Hofgärtner Heinrich Christian Eckstein weitergegeben wurden. Die für die Fruchttreiberei verwendeten drei Gewächshäuser, von denen nur eins in Resten erhalten blieb, entstanden 1903/04 unter Kaiser Wilhelm II. Nach den Kriegsschäden 1945 wurde der gärtnerische Betrieb in Teilen noch bis etwa 1960 weitergeführt.
Erhart Hohenstein
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