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Mein WENDEHerbst: Weise Italiener

JAHREMAUERFALLDer Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9.

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JAHRE

MAUERFALL

Der Herbst 1989 ist als „Friedliche Revolution“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Hunderttausende DDR-Bürger demonstrieren in diesen Tagen für Veränderung im Land – in den Abendstunden des 9. November fällt die Mauer. An dieser Stelle erinnern sich in den Potsdamer Neuesten Nachrichten täglich Menschen in Potsdam an ihre Erlebnisse in dieser Zeit. Heute: Maximilian Dreier. Der 57-Jährige arbeitet seit 1990 als Gastronom und Weinhändler in Potsdam. Er organisiert zahlreiche Kulturveranstaltungen.

Die Delegation der „Vereinigung für Frieden unter den Völkern“ aus dem italienischen Assisi wusste es schon im August 1989: „Es wird sich sehr bald etwas ändern im geteilten Deutschland“, waren die Italiener überzeugt. Maximilian Dreier, der die Delegation damals in seinem Klub „Kultur und Kulinaria“ in Berlin-Kreuzberg in Vertretung des Regierenden Bürgermeisters Walter Momper empfing, glaubte davon allerdings kein Wort. „Wir hatten heftigste Debatten bis drei Uhr nachts – es war ausgeschlossen, dass die Mauer fallen könnte, und die Italiener waren für mich romantische Spinner.“ Doch die Delegation war offensichtlich gut informiert; sie hatte bereits Sowjet-Regierungschef Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan getroffen. In Berlin pflanzten die Italiener einen Olivenbaum am Brandenburger Tor, an der Mauer sollte eine Stein-Tafel angebracht werden. Dies sei aber unmöglich gewesen, so Dreier, die Mauer gehörte schließlich dem Osten. So zierte die Tafel bald eine Wand seines Kreuzberger Klubs. Dort verbrachte Dreier auch die Nacht des 9. November 1989 – zusammen mit acht Ostdeutschen, die er am Moritzplatz im Freudentaumel des Mauerfalls kennen gelernt und eingeladen hatte. „Im Klub habe ich dann erst einmal Spaghetti für alle gekocht – die acht kamen auch später noch oft.“ Der Anruf aus Assisi ließ nach dem 9. November im Übrigen nicht lange auf sich warten. „Siehst Du, haben wir doch gesagt“, habe der Delegationschef ihn am Telefon begrüßt. Und auch der Olivenbaum kam zu Ehren: In Italien wurde ein Bild, das den Baum und Dreiers damals zweijährigen Sohn Antonio zeigt, zum Foto des Jahres 1989 gekürt. SCH

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