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Landeshauptstadt: Weit entfernt von der Vision

Die Schule am Pappelhain zieht eine erste Bilanz

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Am Schlaatz - Gerald Schneider will Missverständnissen gleich vorbeugen: Inklusion bedeute nicht, einfach alle Kinder in einen großen Raum zu stecken, sagt der Leiter der Grundschule am Pappelhain. Denn so gesehen betreibt die Schule im Wohngebiet Am Stern seit Jahren schon inklusive Bildung. Anders würde es gar nicht gehen. Mehr als 450 Kinder lernen hier. Im Schnitt ist die Schule 3,5-zügig und damit „voll“, wie Schneider sagt. Zwar gebe es eine breite Mittelschicht, aber immer mehr Kinder kämen aus einem schwierigen sozialen Umfeld, nicht selten hätten die Eltern einen Migrationshintergrund. Defizite in der Sprachvermittlung und Verhaltensauffälligkeiten würden häufig auftreten.

Seit die Schule den Status einer Pilotschule innehat, wurde der Förderunterricht aufgestockt: Nun gibt es 81 zusätzliche Stunden. Drei Sonderpädagogen unterrichten in den Klassen. „Wenn keiner krank wird, ist es möglich, in jeder Klasse einmal am Tag eine Stunde im Doppelbesatz zu unterrichten“, sagt Schneider. „Aber nur, wenn keiner krank wird!“ Sein Traum ist es, dass dieses sogenannte Tandemmodell zum Standard wird. Nur so könnten die Kinder tatsächlich individuell gefördert werden.

„Vom echten gemeinsamen Unterricht sind wir noch weit entfernt“, sagt die Sonderpädagogin Marion Nutz. Oft werden die Kinder mit Förderbedarf doch aus der Klasse herausgenommen und in den vier Differenzierungsräumen unterrichtet. Manchmal kommt aber auch sie an ihre Grenzen: „Ich muss jetzt selbst herausfinden, was ich mir zutraue“, sagt sie. „Starke geistige Beeinträchtigungen, Hör- oder Sehbehinderungen, eine gravierende Sprachbehinderung, wie ein Stotterer sie hat – kann ich das leisten?“ Klar ist für den Schulleiter Schneider: Kompetenzorientierter, individualisierter Unterricht in einer Klasse mit bis zu 25 Kindern, wie er jetzt erwartet wird – das geht nur, wenn die personellen Ressourcen erhöht werden. Deshalb drängt er darauf, dass im brandenburgischen Bildungsministerium auch die Stimmen der Lehrer an der Basis gehört werden. „Wir wollen diesen Prozess aktiv mitgestalten“, sagt Schneider. „Wir sind nicht nur Erfüllungsgenossen am Experimentiertisch.“

Die Vision vom gemeinsamen Unterricht der Kinder – sie wird oft notgedrungen Realität: „Wir versuchen, viel in flexiblen Gruppen zu arbeiten, gern auch mal draußen“, sagt Nutz. Die Schule ist sportbetont ausgerichtet, es gibt Straßenfußball und Sportfeste: Auch jemand mit einer Lernschwäche solle Erfolgserlebnisse haben, sagt Schneider. Und wenn nicht im Sport, dann im Tanzensemble oder im Chor. Die Schule kooperiert mit der Städtischen Musikschule.

Ganz wichtig ist für Schneider auch der tägliche Schulfunk. Jeden Morgen begrüßt der Schulleiter persönlich die Kinder, es gibt Musik und Neuigkeiten. Wettbewerbe werden ausgewertet, die Olympischen Spiele waren es im Sommer, später welche Klasse am besten mit ihrem Unterrichtsmaterial umgeht. „Das sind Erziehungsmaßnahmen, aber sie geben Halt, den die Kinder brauchen“, ist Schneider überzeugt.Steffi Pyanoe

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