Von Anja Sokolow: Wellnesstempel: Offene Türen allein reichen nicht Wie wär’s mit einem Mascarpone-Rotwein-Bad?
Bad Saarow/Lübbenau/Templin Das Licht geht aus. Der Duft von Rosenöl durchströmt den Raum.
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Bad Saarow/Lübbenau/Templin Das Licht geht aus. Der Duft von Rosenöl durchströmt den Raum. Bei völliger Dunkelheit gleiten vier Hände über die Rücken eines Ehepaares. Ohne jegliche Ablenkung konzentrieren sich die Masseure ganz und gar auf die Behandlung des Paares. Die Double Blind-Massage gilt als eine der „Wellness-Juwelen“ in der Therme Bad Saarow (Oder-Spree). Neben Bädern in einem Mascarpone-Rotwein-Mix, Naturmoor oder in warmem Heu ist sie eines von vielen exotischen Angeboten, das Geschäftsführer Axel Walter den vergangenen Jahren ins Programm aufgenommen hat.
„Ende der 1990er Jahre hat es gereicht, die Türen zu öffnen“, sagt Walter. Doch die Zeiten, in denen die Therme beinahe konkurrenzlos auf weiter Flur stand, seien längst vorbei. In Brandenburg habe sich das Netz der Freizeit-, Thermal- und Kurbäder stark verdichtet. „Zu stark, vor allem im Süden“, sagt Walter, zugleich Vorsitzender des Brandenburgischen Kurorte- und Bäderverbandes. Laut Tourismus Marketing Brandenburg GmbH gibt es 26 Thermen- und Erlebnisbäder.
Die Konkurrenz macht sich bemerkbar: Kamen 1999 noch 370 000 Gäste in die Saarowtherme, so sind es jetzt rund 100 000 pro Jahr weniger.
Auch andere Häuser verzeichnen Rückgänge. In der vor neun Jahren eröffneten Naturtherme Templin (Uckermark) schwanke die Zahl um 270 000 Gäste von einst 400 000, sagt Geschäftsführer Kurt Stroß.
Einbrüche gab es auch bei den Spreewelten Lübbenau (Oberspreewald- Lausitz). Die Kristall Kur- und Freizeitbad GmbH gab den Betrieb 2007 nach neun Jahren wegen wachsender Konkurrenz auf. „Mit jeder Neueröffnung in der Nachbarschaft verlor unser Haus Besucher“, sagt der heutige Leiter Michael Jabobs. Heute befindet sich das Haus in kommunaler Trägerschaft. Von jährlich 300 000 Gästen aus der Anfangszeit blieben nach wenigen Jahren nur noch halb so viele treu. Mit immer neuen Strategien muss jetzt um Kunden gebuhlt werden. In der Saarowtherme wurde die Saunalandschaft ausgebaut, Wellness- und Präventions- und Gesundheitsangebote stark ausgeweitet. In den Spreewelten schwimmen jetzt Humboldt-Pinguine in einem eigenen Becken und locken vor allem Familien an. „Mit einer höheren Rutsche hätten wir nicht mehr Menschen erreicht. Wir mussten die Gäste emotional ansprechen“, sagt Jakobs. Für 2009 rechnet er mit 230 000 Besuchern. Das sei angesichts der etwa 160 000 Gäste vor der neun Millionen Euro teuren Sanierung von 2007/08 ein sehr positives Ergebnis.
Templin setzt auf den Gesundheitstourismus. Eine neue Ferienwohnanlage, Stellplätze für Wohnmobile und ab 2013 ein 4- Sterne- Hotel vis a vis der Therme sollen helfen, Gäste gleich für mehrere Tage anzulocken.
Axel Walter hält die große Zahl der zumeist mit Fördermitteln gebauten Bäder für bedenklich. Von Schließungen will er noch nicht sprechen. Solange die Kommunen die Bäder weiter unterstützen, seien sie nicht bedroht.
Laut Sportministerium wurden Bäder von 1997 bis 2007 mit rund 171 Millionen Euro gefördert, darunter EU-Mittel. Fördergrundlage sei die Bäderplanung gewesen, die „erhebliche Fehlentwicklungen und Wildwuchs weitgehend verhindert habe“, sagt Sprecher Stephan Breiding. „Wir haben noch keine Pleite erlebt“. Die Förderpolitik hat sich laut Wirtschaftsministerium ausgezahlt. „Die Bäder in den Kur- und Erholungsorten haben in erheblichem Maße die touristische Entwicklung vorangebracht“, sagt eine Sprecherin.
Anja Sokolow
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