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Homepage: Wenn das Klima umkippt

PIK-Forscher warnen vor Klimasprüngen

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Der Klimawandel kann für die Menschheit einige Überraschungen mit sich bringen. Menschliche Aktivitäten könnten das Klimasystem der Erde über kritische Grenzen hinaus belasten, so dass wichtige Prozesse im Gesamtgefüge „kippen“ und dann grundsätzlich anders ablaufen. Davor warnen der Leiter des Potsdam- Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Prof. Hans Joachim Schellnhuber, sein Mitarbeiter Prof. Stefan Rahmstorf und britische Wissenschaftler nun in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS).

„Projektionen von Klimamodellen könnten die Gesellschaft in einem falschen Gefühl von Sicherheit wiegen“, befürchten die Wissenschaftler um Timothy Lenton von der britischen University of East Anglia in Norwich und Hans Joachim Schellnhuber. In bestimmten Regionen der Erde könne der menschliche Einfluss auf das Klimasystem jedoch sprunghafte und teilweise unumkehrbare Entwicklungen anstoßen. Das Forscherteam spricht hier von „Tipping Elements“ (Kippelementen), wovon insgesamt neun sensible Bereiche genannt werden. Für die Studie waren die Ergebnisse eines Workshops mit 36 führenden Klimaforschern, die Befragung von 52 Experten und wissenschaftliche Literatur berücksichtigt worden.

Als besonders anfällig wird das arktische Meereis und der Grönländische Eisschild benannt. „Wird die kritische Grenze von drei Grad Celsius lokaler Erwärmung überschritten, könnte der Eisschild schlimmstenfalls schon innerhalb von 300 Jahren abschmelzen“, warnen die Wissenschaftler. Dies würde den Meeresspiegel um bis zu sieben Meter ansteigen lassen.

Ein weiteres Kippelement sehen die Forscher im Amazonas-Regenwald: „Bei einer Erwärmung um drei bis vier Grad Celsius könnte er nach Modellaussagen bereits in fünfzig Jahren großflächig absterben“, heißt es. Auch die Wälder der nördlichen Breiten, das El-Nino-Phänomen und der westafrikanische Monsun seien Kandidaten für den Kippeffekt. Ein bereits bekanntes Kippelement ist die Atlantikzirkulation, zu der der Nordatlantikstrom gehört. Die Strömung könne sich mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu zehn Prozent noch in diesem Jahrhundert abrupt verändern. Auch die Sahara und die Sahlezone sowie der westantarktische Eisschild werden von den Forschern zu den neun sensiblen Bereichen gezählt.

Angesichts der potenziell dramatischen Auswirkungen des Kippens dieser Bereiche fordern die Autoren der Studie nun eine weitere Verstärkung des Klimaschutzes. Die neun „Kippelemente“ sollten nun in der Klimapolitik besonders berücksichtigt werden. Es müssten auch neue Anpassungsstrategien an den Klimawandel gefunden werden, die über bisherige Schritt-für-Schritt-Konzepte hinausgehen, heißt es vom PIK. Umgekehrt sollte die Entwicklung der globalen Gesellschaft ebenfalls auf mögliche Kippelemente untersucht werden. Die Aussagen einiger Modelle ließen vermuten, dass auf dem Weg zu einer „kohlenstoffarmen Gesellschaft“ auch gewisse Kipppunkte der Zivilisation überschritten werden müssten. Jan Kixmüller

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