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Anekdoten und persönliche Erfahrungen statt Softwaretechnik: Hasso Plattner hielt Vorlesung für HPI-Studenten
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Anekdoten und persönliche Erfahrungen statt Softwaretechnik: Hasso Plattner hielt Vorlesung für HPI-Studenten So hätte er auch zum Segeln gehen können. Marineblaue Stoffhose, Poloshirt, Blouson, braun gebrannt. So schreitet Hasso Plattner vorne im Hörsaal hin und her, die Arme weit geöffnet, als stehe er auf einer Bühne und suche in Shakespeares Sommernachtstraum im Wald der Klappstuhlreihen nach der Geliebten. Bevor er mit seinem Vortrag beginnt dementiert er eine Zeitungsmeldung:„Ich ziehe nicht nach Potsdam. Ich wohne, wenn ich in der Gegend bin, im Hotel Adlon“. Vorlesungsfreie Zeit und doch hat es der Initiator und Stifter des Hasso Plattner Instituts am Griebnitzsee am Mittwoch geschafft, den Hörsaal 1 auf dem Campus am Griebnitzsee zu zwei Dritteln zu füllen. Auf den gepolsterten Holzstühlen sitzen Studenten so um die 25, fast alle Männer, die wenigen Frauen fallen sofort ins Auge. Als hätten sie sich verlaufen. Frauen und Software-Engineering, das passt offensichtlich noch immer selten zusammen. Auf den Tischen stehen einzelne Laptops, von hinten sieht man aufgeschlagene Webseiten. Die meisten Zuhörer gucken neugierig nach vorne, einzelne müde Studentenköpfe haben sich auf dem Klapptisch abgelegt. Gewöhnlich lässt sich Plattner ein bis zwei Mal im Jahr im Institut sehen, zur Begrüßung der Neuen ist er immer da. „Sonst bekommt man im Studium nicht viel von ihm mit“, erzählt Stefan, 7. Semester. Er sitzt hinten und quatscht leise mit seinem Nachbarn. So wie immer, auch der Mann aus dem SAP-Aufsichtsrat ändert daran nichts. Trotzdem will er dabei sein, wenn Plattner da ist. Plattner, das Vorbild, der Mitgründer von SAP, der Entwickler einer Internetstrategie für Europas größten Software-Hersteller. „Er hat viel erreicht“, sagt der HIP-Student. Von der Strategie seines Unternehmens handelt die Geschichte, die der SAP-Gründer unter dem Titel „Trends und Konzepte in der Software-Industrie“ am Griebnitzsee erzählt. Er spricht vom „Netweaver“, der offenen Integrations- und Anwendungsplattform von SAP, vom Integrieren von Menschen, Informationen und Prozessen. Er erzählt exemplarisch, erklärt Softwarekonzepte mit Daimler Chrysler, Teakholzmöbeln aus England und der Reiseplanung seiner Sekretärin. Die Zuspätkommenden interessieren ihn nicht, er ist mitten drin in seinem Metier, blickt erst gar nicht in Richtung aufgehende Tür. Seine Gestik steht für Offenheit. Seine Handflächen blicken nach oben, die Augen ihre Gegenüber an. Er geht auf und ab, spricht mit fast eindringlicher Stimme. Die sich aber offensichtlich erst daran gewöhnen muss, in großen Räumen um Aufmerksamkeit zu werben. Im Laufe der Vorlesung klingt sie heiser. Doch das macht nichts. Plattner lässt sich von nichts irritieren. Schon gar nicht, wenn er von dem wesentlichen Durchbruch in der Softwarebranche spricht. Vor sechs Jahren hat SAP ein zentrales Programm entwickelt, das dezentrale Daten lesen kann. Seine Vision ist es, ein globales Portal für E-Commerce zu entwickeln. Eine Anwendung, mit der sich weltweite Daten unterschiedlicher Formate abrufen und bearbeiten lassen, mit nur einem Übersetzungsprogramm. In Zukunft liegen alle Informationen digital vor, ist er sich sicher. Und malt sich aus, was der Mensch in einer solchen Informationsaustauschwelt machen kann. Um dorthin zu kommen, sind die Studenten gefragt, sagt er, ihre technologische Begeisterung, ihre Erfindungsfreude. „Es werden nicht die Betriebswirte sein, die sich neue Anwendungen für die Weltwirtschaft ausdenken, sondern die Software-Entwickler.“ Fachlich hat die Plattner-Show die Studenten nicht allzu sehr bereichert. Zwei oder drei Fakten hat er in seinem Vortrag gebracht, meint Student Stefan kritisch. Aber er findet es trotzdem spannend, sich seine Anekdoten, seine persönlichen Erfahrungen anzuhören. Es kommt auf das Thema an, ob er sich die zum Sommersemester geplante Vorlesungsreihe des Instituts-Namensgebers anhören wird. Marion Hartig
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