Etwas HELLA: Wenn die Bäume nachtreten
Der Mai ist gekommen, na gut, er ist eigentlich schon vorbei, doch die Bäume schlagen trotzdem noch aus. Manche treten sogar posthum gegen das Schienbein des Baudezernenten.
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Der Mai ist gekommen, na gut, er ist eigentlich schon vorbei, doch die Bäume schlagen trotzdem noch aus. Manche treten sogar posthum gegen das Schienbein des Baudezernenten. Dazu hat die etwa hundertjährige Eiche an der Nedlitzer Straße allerdings einen Stellvertreter gebraucht, zumal sie – wie aktenkundig festgestellt wurde – völlig ungerechtfertigterweise gefällt und nun wahrscheinlich schon als Brennholz oder Kompost beerdigt wurde. Und der Stellvertreter hat auch nicht wirklich zugetreten, sondern Klage bei Gericht eingereicht. Aber so entstehen eben Gerüchte und Heldensagen oder Lieder von ausschlagenden Bäumen.
Mit unserem Freund, dem Baum, müssen wir natürlich sorgfältig umgehen, denn wir brauchen ihn, nicht nur im Wald, sondern auch als Zierde und grüne Lunge in der Stadt und mit Hundertjährigen, die noch voll im Saft stehen, geht man gleich gar nicht so bösartig um. Dass aber nun auch noch der Staatsanwalt bemüht werden muss, um herauszukriegen, wer an der Fällung schuld trägt, ist schon erstaunlich, denn immerhin stand er auf städtischem Land und ich kann mir nicht vorstellen, dass da einer dem nächsten und der wieder einem dritten ins Ohr geflüstert hat: „Der Baum muss weg, er stört den Verkehr.“ So wie stille Post etwa, wo hinten ganz was anderes rauskommt als der Verantwortliche vorn gesagt hat. Der hat vielleicht getönt: Der Baum ist ein Recke, der macht etwas her.“
Dass bei der ersten Themenkonferenz zum Leitbild Potsdams ausgerechnet der Satz „Potsdam ist eine Stadt, die macht Informationen frühzeitig transparent und nachvollziehbar zugänglich“ wahre Heiterkeitsstürme auslöste, ist übrigens gar nicht nett. Schließlich nuscheln auch Stadtbedienstete mal oder sprechen Amtsdeutsch und das führt dann – unbeabsichtigt – zu Informationsverlusten wie bei der Umstellung des Bürgerservice auf ein Bestellsystem. Gerade da aber hatte die Informationslücke aber ihr Gutes. Denn kaum regte sich jemand auf, berichteten die Medien und schon wusste jeder Bescheid.
Manchmal allerdings ist auch gesagt worden, was Sache ist und keiner hört hin. Außerdem ist nicht jeder Baum, der gefällt wird, ein Opfer städtischer Willkür, sondern manchmal einfach nur morsch. Falls Sie, informiert oder nicht, übrigens in diesen regenlosen heißen Sommertagen ein gutes Werk tun wollen, gießen Sie ruhig mal den Straßenbaum vor Ihrer Tür. Vor allem die ganz jungen. Die alten halten länger durch, wenn sie nicht gerade gefällt werden. Warum nun allerdings meine Obstbäume im Garten nummeriert worden sind, erschließt sich mir nicht ganz.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
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