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Die 17. Jahreskonferenz der Academia Europaea beschäftigt sich mit dem Lissabonner Erdbeben von 1755
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Die 17. Jahreskonferenz der Academia Europaea beschäftigt sich mit dem Lissabonner Erdbeben von 1755 Von Dirk Becker Zuerst war da nur ein leichtes Zittern. Gegen halb zehn am Vormittag des 1. November 1755, begann die Erde in Portugal zu beben. Knapp sechs Minuten dauerte es, dann lag die Hauptstadt Lissabon fast vollständig in Schutt und Asche. Meterbreit riss der Boden auf – nach heutigen Schätzungen hatte das Beben die Stärke 9 auf der Richter-Skala. Wer aus dem Stadtzentrum entkam, flüchtete sich zum Hafen. Dort sahen die Überlebenden, wie das Meer zurückwich, Schiffe und verstreute Waren auf dem Hafengrund lagen. Wenige Minuten dauerte es, dann überrollte ein mächtige Flutwelle den Hafen und Teile der Stadt. Mit fast 90000 Toten war ein Drittel der Lissabonner Bevölkerung ums Leben gekommen, an der gesamten Küste waren Städte und Dörfer zerstört, fanden über 10000 den Tod. Das so genannte „Erdbeben von Lissabon“ zählt bis heute zu den zerstörerischsten Naturkatastrophen in der europäischen Geschichte. Bei der 17. Jahreskonferenz der Academia Europaea, die morgen im GeoForschungsZentrum (GFZ) auf dem Potsdamer Telegrafenberg eröffnet wird, werden sich die Teilnehmer bei einem eintägigen Workshop auch mit den wissenschaftlichen und kulturellen Auswirkungen des Erdbebens von Lissabon beschäftigen. Unter dem Motto „Die wissenschaftliche und kulturelle Rolle des Menschen in der Natur“ begeht die Academia Europaea das „Internationale Jahr der Physik“ auch mit besonderer Betonung auf Einstein. So soll in einem Themenbereich dem „Einfluss Einsteins auf die europäische Wissenschaft und Kultur“ nachgegangen werden. Weitere Schwerpunkte liegen auf dem „System Erde – der Blick von außerhalb“ und dem „System Mensch“, einmal als Individuum und einmal als „Dynamik in der Gesellschaft“. Über 200 Wissenschaftler aus Europa, Amerika und Asien werden zu der dreitägigen Konferenz in Potsdam erwartet. Wie Jörn Lauterjung vom GFZ den PNN erklärte, sei das Thema der Tagung nicht allein aus aktuellem Anlass wie der Tsunami-Katastrophe vor knapp einem Jahr im indischen Ozean gewählt worden. „Durch die Auseinandersetzung mit dem Erdbeben von 1755 begann das Zeitalter der Aufklärung“, so Lauterjung. Der Mensch begann zu hinterfragen und solche Naturereignisse nicht mehr länger allein als göttliche Strafe zu begreifen. 250 Jahre danach will die Academia Europaea über diese Auswirkungen sprechen. So wollen die Wissenschaftler unter anderem die Verarbeitung des Erdbebens von Lissabon in der zeitgenössischen Literatur diskutieren aber auch Vergleiche und Parallelen zur Tsunami-Katastrophe im vergangenen Jahr ziehen. Da dieses Thema nicht allein die Wissenschaftler interessieren wird, hat das GFZ für den Freitag, um 18.15 Uhr, eine öffentliche Vorlesung im Hörsaalgebäude des GFZ auf dem Telegrafenberg geplant. Die Academia Europaea geht auf ein Konzept der Konferenz der Europäischen Außenminister zurück, die 1985 zu dem Schluss kam, eine Organisation und Plattform zu schaffen, die unterschiedlichste Forschungsmeinungen und Ideen von Wissenschaftlern aus ganz Europa zu unterstützen. Die Gründungsversammlung fand 1988 im englischen Cambridge statt. Die erste Jahresversammlung fand ein Jahr später in London statt. Die Academia Europaea hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einer der wichtigsten paneuropäischen Akademien der Wissenschaften entwickelt. Mit der 17. Jahresversammlung in Potsdam findet diese Konferenz zum ersten Mal in Deutschland statt.
Dirk Becker
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