Landeshauptstadt: Wenn die Lehrlinge knapp werden
IHK erklärte gestern Raab Karcher und Pro Potsdam zu „anerkannten Ausbildungsbetrieben“
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„Hiermit bewirbt sich die Firma XY um den Lehrling L “ In weniger als fünf Jahren soll verkehrte Welt herrschen auf dem Ausbildungsmarkt: Künftig werden sich nämlich nicht mehr viele Bewerber um eine Lehrstelle bemühen müssen, sondern vielmehr mehrere Unternehmen um einen Auszubildenden. Bis zum Jahr 2012 werde sich die Zahl der Schulabgänger im Land Brandenburg – die in diesem Jahr noch bei knapp 35 000 lag – halbiert haben, sagte gestern der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam Victor Stimming.
In dem Wettbewerb um Lehrlinge sei es dann auch von Vorteil, ein von der IHK „anerkannter Ausbildungsbetrieb“ zu sein. Eine entsprechende Urkunde erhielten gestern die Raab-Karcher-Niederlassung Potsdam und der städtische Unternehmensverbund Pro Potsdam. Eine hohe Auszeichnung, wie Stimming betonte. Im Kammerbezirk Potsdam gebe es gerade einmal „eine Handvoll Betriebe“, die diese Vorbildfunktion erfüllten. Entscheidend bei der Auswahl seien laut IHK-Präsident die überdurchschnittlich hohe Ausbildungsquote sowie die Kontinuität als Ausbildungsbetrieb.
Mit einer Ausbildungsquote von 16 Prozent sei der Baustoffhandel Raab Karcher in Potsdam „Spitzenreiter“ im Bereich Gewerbe, begründete Stimming die Auszeichnung. Bundesweit unterhalte das Baustoffunternehmen über 213 Standorte; Potsdam sei mit 45 Mitarbeitern und neun Auszubildenden eine der großen Niederlassung, erklärte Leiterin Rita Schiebahn. Seit mehr als einem Jahrzehnt werde dort ausgebildet. Es sei toll, „dass man bei Raab Karcher als Auszubildender alle Abteilungen durchlaufen muss“, sagte Elena Richter, die bereits im dritten Lehrjahr ist. Feuerprobe sei der „Abholtresen“, pflichtete ihr Daniel Schewe bei, der gerade ins zweite Lehrjahr zum Groß- und Einzelhandelskaufmann gekommen ist. Im direkten Kundenkontakt erlebe man hier den „teilweise sehr rauen Baustellenton“, sagte die Niederlassungsleiterin. An den hat sich Marco Prill, der eine Lehre zum Facharbeiter für Lagerlogistik beim Baustoffhändler macht, gewöhnt. Seine ersten Eindrücke waren „überwältigend“, erinnerte er sich.
Mit einer Ausbildungsquote von zehn Prozent liegt die Pro Potsdam ebenfalls deutlich über dem Schnitt von sieben Prozent und habe sich als anerkannte Ausbildungsstätte seit 1990 verdient gemacht, sagte der Kammerpräsident. Man habe vor der Aufnahme des Entwicklungsträgers Bornstedter Feld und des Sanierungsträgers Potsdam in den Verbund bei zwölf Prozent gelegen, sagte Jörn-Michael Westphal, Geschäftsführer des Immobilienkonzern. Jetzt habe man mehr Mitarbeiter, aber weniger Azubis. Das solle sich aber in zwei Jahren wieder geändert haben, so Geschäftsführer Westphal. Bei der Pro Potsdam sind derzeit insgesamt 224 Mitarbeiter beschäftigt; 22 junge Menschen werden zu Immobilien-, Bürokommunikations- und Informatikkaufleuten ausgebildet.
Damit die künftigen Schulabgänger einen besseren Überblick über die möglichen Lehrstellen haben, erarbeite das Bildungsministerium gerade ein Konzept zur Berufswahlorientierung, kündigte Staatssekretär Burkhard Jungkamp an. Außerdem habe man den Verein Netzwerk Zukunft gegründet, der Schule und Wirtschaft einen soll.
Nicola Klusemann
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