zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Wenn die Luft fehlt

7. Deutscher Lungentag im St. Josefs-Krankenhaus.

Stand:

7. Deutscher Lungentag im St. Josefs-Krankenhaus. Brandenburger Vorstadt - Das Thema passt in die Zeit. Erst am Freitag hat die EU in Brüssel eine neue, drastischere Medienkampagne gegen das Rauchen gestartet. Allein in Potsdam sind in den Jahren nach der Wende rund 2900 Patienten an Bronchialkrebs erkrankt – zu 98 Prozent Raucher. Etwa 40 000 Potsdamer sind akut oder latent von einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung bedroht, weil sie rauchen. Die Kosten, die aus der Nikotinsucht entstehen sind derart astronomisch hoch, dass sie nicht bezifferbar sind, während der Bundesfinanzminister sich über niedrigere Einnahmen aus der Nikotinsteuer beklagt. Eine perfide Situation, über die aber kaum jemand gerne spricht. Wer jedoch am Samstag im St. Josefs-Krankenhaus war, der ahnt welches Martyrium die Betroffenen durchlaufen müssen: „Wenn Sie einkaufen gehen und kommen dann die Treppe nicht hoch - weil die Luft wegbleibt; oder wenn Sie mal schneller laufen und die Luft bleibt weg und Nichts geht mehr. Das ist schon eine sehr starke Einschränkung.“ beschreibt die Patientin U. Funk (63) das Leben mit COPD. Die schwere, chronisch obstruktive Lungenerkrankung - COPD für Chronic Obstruktiv Pulmonary Disease - zeigt ähnliche Symptome wie Asthma, ist aber eine völlig andere Krankheit und im Unterschied zum oft durch Allergien hervorgerufenen Asthma nicht reversibel. COPD-Patienten müssen lernen, mit stark verengten Bronchien und der daraus resultierenden Atemnot zu leben. Wer sich nicht dagegen wehrt, das Rauchen aufgibt und eine Therapie beginnt, auf den wartet ein hartes Schicksal. Der Teufelskreis der Atemnot schließt sich immer enger, bis die Menschen nicht nur krank, sondern dazu noch sozial isoliert sind, weil sie sich fast nicht mehr bewegen können. „Wir versuchen deshalb durch unsere Therapien, wie zum Beispiel die Bewegungstherapie, die Menschen wieder zu befähigen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“ sagt Dr. Hilger Müller, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde. Das besonders Bittere daran: Die Krankheit ist selbst gemacht, über 90 Prozent der Patienten rauchen oder sind ehemalige Raucher. Das macht die Diagnose so schwierig. „Der morgendliche Raucherhusten wird gesellschaftlich akzeptiert“ sagt Dr. Eckart Frantz, Chefarzt der Abteilung Innere Medizin des St. Josefs-Krankenhauses und beschreibt damit die Ursache des Dilemmas: „Leider ist die Lunge kein Angstorgan wie zum Beispiel das Herz“. Viele nehmen die Symptome einfach auf die leichte Schulter. Deshalb liegt den Lungen-Ärzten des St. Josefs-Krankenhauses (bis auf einen alles Nichtraucher) die Prävention am Herzen. Nahezu genauso wichtig war ihnen am Samstag aber die anschauliche Erklärung und Vorführung der Diagnoseverfahren wie der Bronchoskopie oder der Bodyplethysmographie. Gerade Letztere erfreute sich dabei besonderen Interesses unter den Besuchern. Bei dieser Methode erfolgt eine komplette Rundum-Analyse der Lungenfunktion durch kontrolliertes Atmen in einem geschlossenen Glaskasten. Eine Methode, die noch vor 30 Jahren als handfestes medizinisches Wunder durchgegangen wäre und heute Standart ist. Ungefähr genauso lange ist die Patientin Funk auch schon dabei. Sie leidet seit 1971 an Bronchitis und COPD und hat so bereits ihre Erfahrungen mit der Krankheit machen müssen. Dennoch hat sich der Besuch des Lungentages auch für sie gelohnt: „Man ist zwar ein alter Hase, aber irgend etwas Neues nimmt man immer mit“, sagt sie und spricht damit für die rund 60 Besucher der Veranstaltung. Jörg Isenhardt

Jörg Isenhardt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })