Landeshauptstadt: Wenn Liebe krankhaft ist
Der Verein Opferhilfe berät Stalking-Opfer – und steht selbst vor dem Aus
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Der Verein Opferhilfe berät Stalking-Opfer – und steht selbst vor dem Aus Psychoterror bis zur körperlich und geistigen Erschöpfung: Der Fall von Elisabeth Friedel (Name geändert) ist für Rosmarie Priet ein typisches Beispiel für das so genannte Stalking, wie sie sagt „die obsessive Liebe und Fixierung auf eine bestimmte Person.“ Priet hat öfters mit solchen Fällen zu tun. Sie ist Diplom-Psychologin bei dem wegen fehlender Landesförderung vom Aus bedrohten Verein Opferhilfe Land Brandenburg und leitet dessen Beratungsstelle in der Gutenbergstraße 15. Drei Jahre lang, so erzählt Priet die Geschichte der Potsdamerin Elisabeth Friedel, lebte diese mit ihrem Mann Klaus zusammen, bis sie sich von ihm trennte. Sie konnte seine jahrelangen Eifersüchteleien nicht mehr aushalten. Als sie auszog, begannen die Anrufe. In Spitzenzeiten rief ihr Ex bis zu dreißig Mal am Tag bei ihr an. Die Gespräche verliefen ähnlich: Er liebe sie, sie würde ihn auch noch lieben, eigentlich wären nur ihre Schwiegereltern an der gescheiterten Ehe schuld. Er bitte sie deshalb zu einem klärenden Gespräch. Wenn Frau Friedel ablehnte, begann ihr früherer Mann sie zu bedrohen und zu beleidigen. Die Kollegen in ihrer Behörde wurden auf die ständigen Anrufe aufmerksam, Frau Friedel waren sie peinlich, ihre Arbeit litt. Auch in der Freizeit hatte sie keine Ruhe vor ihrer alten Liebe: Ihr Ex verfolgte sie, schickte ihr Fotos mit dem Hinweis: „Ich weiß immer, was du machst und wo du bist.“ Später lauerte er ihr auf, schlug sie. Frau Friedel litt unter ständiger Angst, konnte nur noch selten schlafen. Nach erfolglosen Anzeigen bei der Polizei wurde sie schließlich zur Opferhilfe geschickt. Dort lernte sie Psychologin Priet kennen. „Stalking ist kein Luxusproblem von Prominenten wie Steffi Graf, sondern findet sich überall“, ist sich Priet sicher. Sie zitiert Studien: Nur neun Prozent aller Stalker würden sich an Fremde trauen; die Dunkelziffer sei generell hoch. In ihrer Beratungsstelle waren im vergangen Jahr von 80 betreuten Fällen etwa 8 Stalking-Opfer dabei. „Das Gefühl der Sicherheit muss wieder hergestellt werden“, nennt Priet das oberste Ziel bei solchen Klienten. Dazu schlägt sie wie alle Fachleute eine Strategie der absoluten Kontaktvermeidung vor, auf die Annäherungsversuche des Täters dürfe in keinem Fall reagiert werden. So begrüßt Priet die Initiative des Bundesrats, aus Stalking einen Straftatbestand zu machen und hofft zugleich, dass sie ihre Betreuung weiter fortsetzen kann. Denn kommt kein neues Fördergeld vom Justizministerium für den Opferhilfe-Verein, endet Anfang Juli die Potsdamer Beratung für Kriminalitätsopfer. H. Kramer
H. Kramer
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