Etwas HELLA: Wer hat an der Statistik gedreht?
Potsdam wächst und wächst und das freut nicht zuletzt die Statistiker. Jedes Jahr können sie bei den Einwohnerzahlen einiges draufpacken.
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Potsdam wächst und wächst und das freut nicht zuletzt die Statistiker. Jedes Jahr können sie bei den Einwohnerzahlen einiges draufpacken. Das geschieht im Prinzip mit deutscher Gründlichkeit, aber bei rund 160 000 Stadtbürgern kann man sich schon mal verzählen. Hat da etwa einer zweimal hier geschrien? Außerdem soll es Leute geben, die um- oder wegziehen und das nicht melden, die wegsterben, auch ohne das vorher anzukündigen, die in Potsdam geboren werden, dann aber schnell nach dem Krankenhausaufenthalt mit der Mama das Weite suchen und was es eben noch so an kleinen Unschärfen gibt.
Es könnte aber auch sein, dass sich das Landesamt für Statistik Berlin-Brandenburg beim Zensus 2011 verzählt hat. Oder wurde da Pi mal Daumen geschätzt? Denn wie sonst konnten fast 1200 Potsdamer verschwinden? Erstaunlicherweise kam das Landesamt bei den meisten Kommunen zu geringeren Einwohnerzahlen als die örtlichen Statistiker und hilft dadurch, bei den Landes- und Bundeszuweisungen Geld zu sparen.
Nun erklärte schon zu meiner Studentenzeit einer der Professoren, dass er grundsätzlich nur die Statistik glaube, die er selbst zusammengeschummelt habe. Bei ihm ging es allerdings mehr um Meinungen und dabei um solche, die zur Grauzone gehören. Wenn also jemand bei einer Befragung erklärt: „Ja, aber ...“ und dann ins Gegenteil kippt, gehört der zur selben Kategorie wie der, der „Nein, obwohl ich eher ...“ sagt oder in die entgegengesetzte? Doch wer kann schon immer Fragen mit einem klaren Ja oder Nein beantworten.
Aber zurück zum Mikrozensus. Die Potsdamer Stadtspitze und mit ihr 350 weitere Gemeinden wollen jetzt vor Gericht anfechten, was das Landesamt zusammengerechnet hat. Denn wer weiß schon, ob die dort überhaupt bis 160 000 zählen können. Wenn man vor Gericht aber nicht weiterkommt, müssen womöglich alle Potsdamer antreten und selbst durchzählen.
Sollte das Land jedoch recht behalten, dann bleibt nur eine Alternative: weiterwachsen. Kommen da die avisierten Flüchtlinge nicht gerade recht? Die sind oft in den besten Jahren, bringen Kinder mit und wenn wir sie schnell integrieren können, löhnen sie Steuern und zahlen auch noch künftig etwas für unsere Renten ein.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
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