Links und rechts der Langen Brücke: Wer Potsdam gewinnt
Sabine Schicketanz über eine Stadt, in der sich alles ändert – was die Wahl des Oberbürgermeisters so unkalkulierbar macht
Stand:
Der Wahlkampf – Teil 1 – ist vorüber. Morgen sind 127 450 Potsdamer aufgerufen, per Kreuzchen zu entscheiden, wer die Landeshauptstadt für die nächsten acht Jahre regiert. Sieben Kandidaten treten an. Aller Voraussicht nach wird keiner von ihnen im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichen. Die Stichwahl am 3. Oktober gilt als gesetzt.
Auffällig ist: Das große Thema, das den Wahlkampf beherrscht hätte, gab es nicht. Manche Kontroverse, wie die Debatte um Abriss oder Erhalt des Hotels Mercure in der historischen Stadtmitte, flammte auf, um gleich wieder zu erlöschen. Die vermeintliche Belanglosigkeit des Wahlkampfs muss nicht verwundern. Worüber die Potsdamer am Sonntag tatsächlich entscheiden, ist mehr als eine Aneinanderreihung kommunalpolitischer Prozesse. Die Wahl wird eine Antwort bieten auf die Frage, wem diese Landeshauptstadt heute, 20 Jahre nach der Wende, eigentlich gehört. Sind es die Zugezogenen, die Gutsituierten, die Einflussreichen, die es jenseits von Wahlen bereits vermögen, stimmgewaltig und auch mit der Macht des Geldes die Geschicke Potsdams zu lenken? Oder verschaffen sich mit einem eindeutigen Votum jene Einfluss, die in Potsdam zwar durchaus eine Lobby, aber selbst wenig Kraft, Zeit, Geld und manchmal auch Interesse haben, die Stadt zu prägen? Wie es ausgeht im traditionell roten und dunkelroten Potsdam war selten so offen, so wenig vorhersehbar wie vor dieser Oberbürgermeisterwahl. 21 000 wahlberechtigte Menschen sind seit dem Urnengang vor acht Jahren in die Stadt gezogen oder eingemeindet worden, viele Tausende haben Potsdam seitdem verlassen. Wem wird der Bevölkerungsaustausch nutzen, wen wählen die Zuzügler, die Neu-Potsdamer, sehen viele Alt-Potsdamer auch heute nur eine mögliche Wahl für sich, bedeutet bürgerlich in der Landeshauptstadt dasselbe wie in den alten Bundesländern? Ein Indiz bietet freilich die Kommunalwahl, die vor einem Jahr einen deutlichen Sieger und einen klaren Zweiten hatte: die Linke, gefolgt von der SPD. Allerdings ging es da ums Stadtparlament, um listenweise Kandidaten, nicht um den Chefposten im Rathaus.
Viel wird sich am Sonntag damit entscheiden, wie viele Potsdamer von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
Vielleicht hängt alles davon ab.
- showPaywall:
 - false
 - isSubscriber:
 - false
 - isPaid: