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Potsdam erinnert sich eines berühmten Potsdamers: Seit gestern heißt der Platz vor der Goethe-Schule Peter-Weiss-Platz.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: „Wer war eigentlich Peter Weiss?“

Platz vor der Goethe-Schule nach dem Autor der „Ästhetik des Widerstands“ benannt

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Babelsberg - Bislang wurde er „der Platz vor dem Strahleninstitut“ genannt – eine gewisse „Namenslosigkeit“, wie Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs gestern bekannte. Die ist nun vorbei: Seit gestern ist der Platz vor der Goetheschule in Babelsberg nach dem Dramatiker, Künstler und Autoren Peter Weiss benannt. „Potsdam bietet dem Weltbürger, dem suchenden, dem unbequemen Peter Weiss einen gebührenden Platz“, erklärte Jakobs anlässlich der Enthüllung des Schildes mit der Aufschrift „Peter- Weiss-Platz“. Die Witwe des 1982 verstorbenen Peter Weiss, Gunilla Palmstierna-Weiss, sagte, vielleicht werde sich eines Tages ein Liebespaar an diesem Platz an der Ecke Althoff- und Kopernikusstraße treffen und sich fragen: „Wer war eigentlich Peter Weiss?“

Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes in der Nähe des Griebnitzsees geboren. An seinem Geburtshaus in der heutigen Rudolf-Breitscheid-Straße 232 erinnert eine Gedenktafel an den Autor. 1935 emigrierte die Familie nach England, 1936 in die Tschechoslowakei. Zu seinen bekanntesten Werken zählen das dreibändige Werk „Die Ästhetik des Widerstands“, das in zehnjähriger Arbeit zwischen 1971 und 1981 entstand, sowie das Auschwitz-Oratorium „Die Ermittlung“. Von 1938 bis zu seinem Tod am 10. Mai 1982 lebte Weiss in Schweden. Seit 1946 war er schwedischer Staatsbürger.

Jakobs würdigte in seiner Rede „das schwere Immigrantenschicksal“ des Babelsbergers jüdischer Abstammung. Es sei kaum zu ermessen, was es für einen Theater- und Roman-Autoren bedeutet, das Land seiner Muttersprache verlassen zu müssen. Dennoch habe es Weiss vermocht, im schwedischen Exil sechs Bücher in schwedischer Sprache zu schreiben. Später sei er zur deutschen Sprache für seine Bücher zurückgekehrt, habe sich aber „die deutsche Sprache erkämpfen müssen“, so der Oberbürgermeister.

Arnd Beise von der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft e.V. sagte, es gebe nun zwei Peter-Weiss-Plätze, einen in Babelsberg und einen in Berlin-Hellersdorf. Er erinnerte an die Gründung der Weiss-Gesellschaft im April 1989, damals noch mit einer Ost- und einer West-Sektion. Scherzend habe er bei der ersten Jahrestagung 1990 erklärt, das erste Ziel der Gesellschaft habe diese bereits erreicht – die Überwindung der deutschen Teilung. Weiss, so Beise, habe immer Sympathie für die Armen und Leidenden gehabt, die er Zeitlebens nie aufgegeben habe. Er glaube nicht, dass Weiss – wie viele behaupten – ein Autor des 20. Jahrhunderts gewesen ist. Er kenne Studenten, die den 1000-Seiten-Roman „Die Ästhetik des Widerstands“ lesen und die sich daran erfreuten, dass Weiss nie Vorschriften mache, wie das Gelesene zu verstehen sei, was sie zu empfinden hätten. Dies mache Weiss, so Beise, zu einem „Schriftsteller des 21. Jahrhunderts“.

Erfreut über den „Peter-Weiss-Platz“ äußerte sich gestern Lutz Boede von der Wählergruppe Die Andere. Hans-Jürgen Scharfenberg erklärte gegenüber den PNN, dass die Platzbenennung auf einen Antrag der Linken zurückging, mit dem diese an ein Versprechen des Oberbürgermeisters erinnerten, dass dieser der Witwe von Peter Weiss 2006 hinsichtlich einer entsprechenden Straßenbenennung gemacht habe. Guido Berg

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