zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Werden der Bibliothek die Fachkräfte weggekürzt? Zweigbibliotheks-Leiter gekündigt / Vertrag mit Land perfekt

Innenstadt. Der Vertrag ist unterschrieben: Ab 2004 wird das Land zunächst für drei Jahre per anno 500 000 Euro für die landesbibliothekarische Arbeit in der Bibliothek am Kanal zahlen.

Stand:

Innenstadt. Der Vertrag ist unterschrieben: Ab 2004 wird das Land zunächst für drei Jahre per anno 500 000 Euro für die landesbibliothekarische Arbeit in der Bibliothek am Kanal zahlen. Doch auch wenn gestern Mittag Kulturministerin Johanna Wanka und Oberbürgermeister Jann Jakobs ihre Unterschriften unter das Schriftwerk setzten – die Wogen um die Zukunft der Stadt- und Landesbibliothek haben sich nicht geglättet. Denn obwohl das Land nun immerhin die Hälfte des vormaligen Zuschusses von 1 Million Euro zahlt, klafft immer noch eine Lücke von rund 282 000 Euro im Etat der Bibliothek. Deshalb müssen 7,6 Personalstellen gestrichen werden, elf betriebsbedingte Kündigungen sind bereits seit Ende September ausgesprochen. Wie Oberbürgermeister Jakobs gestern sagte, könnten diese aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht sofort zurückgenommen werden. Er bedauere, dass er seine Aussage vom vergangenen Freitag, wonach mit Vertragsunterzeichnung die Kündigungen praktisch hinfällig würden, korrigieren müsse. Es müsste jedoch erst eine „Paketlösung“ mit den Gekündigten erzielt werden. Dies könne sehr schnell innerhalb von anderthalb Wochen geschehen, am 6. November könnten dann die Kündigungen zurückgenommen werden. Mit den Mitarbeitern, die die 7,6 zu streichenden Personalstellen besetzen, sprach Jakobs in kleiner Runde sofort nach Unterzeichnung des Vertrags. Sie sollen innerhalb der Stadtverwaltung „aufgefangen“ werden, man werde ihnen ein entsprechendes Angebot machen, so Jakobs. Die Mitarbeiter der Stadt- und Landesbibliothek zeigten sich über die Kündigungen und das scheinbar konfuse Vorgehen der Politik zornig und verärgert. Sie befürchte drastische Umstrukturierungen, sagte eine Mitarbeiterin. Denn schließlich seien unter den Gekündigten die Leiterinnen der Zweigbibliotheken in der Waldstadt und am Stern, je eine Bibliothekarin aus beiden Einrichtungen, die Leiterin der Ausbildung der Stadt- und Landesbibliothek sowie die Verantwortliche für die Öffentlichkeitsarbeit und für den Leihverkehr im ganzen Land. „Uns werden die Fachleute weggenommen, da fällt überall etwas runter“, so die Mitarbeiterin. Besonders verwunderlich erscheint vor diesem Hintergrund, dass die fehlenden 260 000 Euro eigentlich vorhanden sind – wie zumindest Kulturministerin Johanna Wanka sagte. Sie könne der Stadt diese Summe aus dem Ministeriumsetat für „investive Aufgaben“ zur Verfügung stellen, doch die Stadt sei nicht in der Lage, diese „Umwegfinanzierung“ zu organisieren, so Wanka. Oberbürgermeister Jakobs entgegnete, man habe diese Möglichkeit geprüft, sie sei jedoch haushaltsrechtlich nicht möglich. Wegen des Haushaltskonsolidierungskonzeptes könne das Geld nicht vom Vermögens- in den Verwaltungshaushalt der Stadt übertragen werden. Uneinigkeit zwischen Ministerin und Oberbürgermeister herrscht offensichtlich auch darüber, warum der Vertrag nicht früher unterschrieben werden konnte – was möglicherweise die Kündigungen, aber nicht den Stellenabbau, verhindert hätte. „Der Vertrag lag der Stadt am 23. September und damit rechtzeitig vor“, so Wanka. An dem Schriftsatz sei nichts geändert worden, er hätte also auch früher unterzeichnet werden können. Jakobs entgegnete, der Vertrag hätte erst überprüft werden müssen. Die Ministerin sagte außerdem, das Land solle für die Kündigungen nicht verantwortlich gemacht werden. Das Kabinett habe 2002 den vormaligen Vertrag über die Zuschüsse gekündigt, weil der Auftrag, die Leistungen der Stadt- und Landesbibliothek fachlich zu überprüfen, „über Jahre ignoriert“ worden sei. Dies habe die Landesregierung nicht mehr akzeptiert. Im Herbst 2002 habe eine Prüfungskommission den Vorschlag unterbreitet, die Bibliothek mit der Berliner Stiftung Zentral- und Landesbibliothek zu fusionieren. Dieser Vorschlag wurde jedoch wieder verworfen. Die jetzige Vereinbarung sieht eine Kooperation mit der Berliner Stiftung vor, die Synergieeffekte bringen soll. Oberbürgermeister Jakobs betonte, die Kündigungen seien notwendig geworden, weil das Land den Zuschuss gekürzt habe. Zudem gebe es wohl kein anderes Bundesland, das sich seine Landesbibliothek so wenig kosten lasse. Sabine Schicketanz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })