
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Wertschätzung statt Ausgrenzung
Janin Behring ist gehörlos – im Hasenheyer-Stift hat die 26-Jährige jetzt dennoch eine Arbeit gefunden
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Potsdam-West - Menschen wie Janin Behring haben es nicht leicht auf dem Arbeitsmarkt. Die gehörlose junge Frau arbeitete bis vor kurzem als Reinigungskraft in einem Potsdamer Krankenhaus. Doch die Stelle lief aus und wurde nicht verlängert. Bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber machte Behring eine ganz spezielle negative Erfahrung. Von der Arbeitsagentur hatte die heute 26-Jährige ein Stellenangebot in einem Potsdamer Seniorenheim vermittelt bekommen. Als Behrings Mutter Manuela dort anrief, um einen ersten Kontakt herzustellen, schien es zunächst so, als habe Tochter Janin eine Chance, die Stelle zu bekommen. Im weiteren Verlauf des Telefonats sagte Manuela Behring, dass ihre Tochter gehörlos sei. Daraufhin erklärte die Frau am anderen Ende der Telefonleitung, sie müsse kurz mit dem Heimleiter Rücksprache halten. Noch im selben Telefonat folgte dann die schroffe Absage: Der Chef könne sich eine Zusammenarbeit mit Behring nicht vorstellen.
Von diesem Negativerlebnis berichtete Manuela Behring am vergangenen Donnerstag anlässlich der Einstellung ihrer Tochter im Potsdamer Hasenheyer-Stift. In der Senioreneinrichtung nahe der Erlöserkirche wird Janin Behring künftig in der Hausreinigung tätig sein und bei der Wäscheverteilung mithelfen. Im Gegensatz zu dem anderen Potsdamer Altenheim, das Janin Behring die telefonische Absage erteilte und dessen Namen die Behrings nicht nennen wollen, hat man im Hasenheyer-Stift offenbar weniger oder gar keine Berührungsängste gegenüber Menschen wie Behring. Die gelernte Hauswirtschaftshelferin wird hier künftig 28,5 Stunden pro Woche arbeiten. Zu Behrings Einführung sorgte eine Gebärdendolmetscherin für die reibungslose Verständigung. Kommende Woche wird sie Behring wohl noch einmal zur Seite stehen. Aber danach werden sich die junge Frau und ihre Kollegen auch ohne Gebärdensprache miteinander verständigen. Objektmanager Michael Krauzig von der Firma Wi-Lafim, die im Hasenheyer-Stift für die Hauswirtschaft zuständig ist, zeigte sich zuversichtlich, dass sich Behring an ihrer neuen Arbeitsstätte wohlfühlen werde. Behring selbst hofft, dass sie hier langfristig bleiben kann, obwohl zunächst eine Befristung des Arbeitsverhältnisses vorgesehen ist.
Behrings Stelle wurde von der Arbeitsagentur vermittelt. Die Potsdamer Arbeitsvermittler unternehmen derzeit verstärkte Anstrengungen, um schwerbehinderten arbeitslosen Menschen zu einem Arbeitsplatz zu verhelfen. Im Rahmen der gerade zu Ende gegangenen Aktionswoche für Inklusion warb die Agentur bei Arbeitgebern dafür, Vorurteile gegenüber schwerbehinderten Menschen abzubauen und das Fachkräftepotenzial zu erkennen. Die Arbeitsvermittler sind mit der Entwicklung nicht zufrieden. Entgegen dem allgemeinen Trend steigt die Arbeitslosigkeit unter schwerbehinderten Menschen. Waren im Potsdamer Agenturbezirk im November 2001 noch 2,3 Prozent aller Arbeitslosen schwerbehindert, sind es laut Statistik der Arbeitsagentur nun zehn Jahre später schon 4,9 Prozent. Dabei steigt der Anteil der schwerbehinderten Menschen an der Gesamtzahl der Arbeitslosen mit deren Alter.
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