Landeshauptstadt: Wertvolle Schloss-Teile am Haken
Vorbereitung auf Dauerschau ab 16. Dezember am Neuen Markt läuft auf Hochtouren
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Brandenburger Vorstadt - Noch vor dem Morgengrauen machten sich gestern früh Mitarbeiter der Steinmetzfirma Melior & Partner und des Transportunternehmens Meifert auf dem Schirrhof der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten zu schaffen. Hier zwischen Lennéstraße und Park Sanssouci werden Hunderte teilweise gut erhaltener Originalteile der Fassade des Stadtschlosses aufbewahrt. Besonders wertvolle Stücke kamen gestern an den Haken eines Ladekranes und wurden zum Abtransport verpackt, um ab Freitag 14 Uhr auf dem Hof hinter dem Neuen Markt der Öffentlichkeit gezeigt zu werden,
Es handelt sich um den Dreiecksgiebel des Theaterflügels am Stadtschloss. Er überdachte ein Theater, das in Größe und Aussehen etwa dem im Neuen Palais entspricht. Der Theaterflügel mit seiner imposanten Tempelfront befand sich bis zum Abriss 1960 auf der Marktseite rechts neben dem Fortunaportal. „Das Relief des Giebels ist fast vollständig erhalten, nur eine kleine Ecke fehlt“, berichtet Saskia Hüneke, die gestern vor Ort den Abtransport zusammen mit dem Leiter der Skulpturenwerkstatt Rudolf Böhm überwachte. Das Relief zeigt in filigraner Feinheit Apollon mit den neun Musen, ein Werk des Bildhauers Johann Gottlieb Heymüller aus dem Jahre 1750. Heymüller war auf Betreiben Friedrichs II. im Jahre 1746 nach Potsdam gekommen und hat hier zahlreiche bedeutende Bildwerke geschaffen. „Die Werke Heymüllers sind durch eine elegante und schwungvolle Umsetzung des antiken Standmotivs charakterisiert, mit ihnen kam er dem französischen Geschmack seines Auftraggebers sicher entgegen“, schreibt Saskia Hüneke im Katalog zur 2001 gezeigten Ausstellung „Minervas Mythos“. Das Schild der Minerva mit dem Gorgonenhaupt, Teil der zerstörten Giebelfigur Heymüllers, ist als Sandsteinkopie aus dem Jahre 1932 im Depot der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten vorhanden.
In dem auf dem Neuen Markt ab Freitag ausgestellten Relief sind links Erato und Euterpe, Thalia und Terpsichore sowie Melpomene zu sehen. Rechts sind Klio, Kalliope sowie Urania und Polyhymnia dargestellt. Alle Frauenfiguren gruppieren sich um Apollon, der in der Mythologie als Beschützer der Musen gilt. Apollon besiegt den Python als Sinnbild des Barbarischen und Kulturlosen.
Das tonnenschwere Giebelrelief besteht aus sechs Teilen. Seine Aufstellung zusammen mit Säulenfragmenten und einer weiteren Figur musste laut Hüneke genau vermessen und statisch geprüft werden. Bekanntlich befindet sich unter dem Aufstellungsort eine Tiefgarage. Die Belastbarkeit der Decke sei begrenzt, deshalb könnten nur wenige Fassadenteile gezeigt werden. Heute geht auch ein Flyer in Druck, der alle wesentlichen Informationen enthält, einschließlich der Kontonummern für Spendenüberweisungen.
Im Zusammenhang mit der Sprengung des Stadtschlosses nach einem Beschluss der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung vom 13. November 1959 hatte das damalige Institut für Denkmalpflege veranlasst, Teile der Architektur und der Bauplastik zu bergen. Ursprünglich sollte gar ein Freilichtmuseum entstehen. Im Zuge des Interhotel-Baus in den Jahren 1966 bis 1969 wurden ein Teil der Ringerkolonnade, das Giebelrelief „Friedensopfer“ sowie Putten und Kapitelle öffentlich gezeigt.
Günter Schenke
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