Von Hella Dittfeld: Westkaffee für Zsa Zsa Gabor
Das heutige Hotel Mercure wird 40 Jahre alt – ein Rückblick auf eine turbulente Geschichte
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Als das Hotel am Hafenbecken vor 40 Jahren erbaut wurde und 1969 seine ersten Gäste empfing, da hatte es wenig Konkurrenz. Hotelzimmer musste man in Potsdam mit der Lupe suchen. Nach 40 Jahren ist das Hotel Mercure immer noch eine gesuchte Adresse und liegt mit einer Jahresauslastung von 60 Prozent gut im Rennen. Es sind vor allem Dienstreisende, die sich hier einmieten. Aber auch Urlauber schätzen die Nähe zur Innenstadt und den weiten Blick über die Dächer, wenn man eines der 210 Zimmer in einer oberen Etage ergattert hat.
Nachdem die Zimmer nach der Wende durchweg modernisiert und neu gestaltet worden sind, aus der Bar zum Leidwesen der Potsdamer ein Tagungsbereich mit „einem der modernsten Rhetorikstudios“ wurde – wie Hoteldirektor Robert Strohe erklärt – ist nun auch der Gaststätten-, Bar- und Tagungsbereich im Parterre überarbeitet worden und man hat sich mit Hinweis auf die Filmstadt Babelsberg für ein Film-Ambiente entschieden. Das Restaurant gab seinen Namen „Sanssouci“ für „Oscar“ auf und es gibt eine Cinebar.
Diese Wandlung lag nahe, denn schon das ehemalige Interhotel hatte vor der Wende engen Kontakt zur Defa. Der staatliche Filmkonzern ließ nämlich die ganze siebente Etage für sich reservieren. Es stiegen aber auch internationale Filmstars im Hotelhochhaus ab, es waren Politiker von Erich Honecker bis Hans-Dietrich Genscher zu Gast und es mieteten sich Schlagerstars wie Andy Borg oder Katja Epstein ein. Die Hollywood-Diva Zsa Zsa Gabor machte dem Personal etwas zu schaffen. Sie wollte bei ihrem Aufenthalt im Osten unbedingt Westkaffee und weiches Toilettenpapier haben. Das musste auf Intershopwegen besorgt werden. Auch jetzt gibt es Verbindungen zum Film, und wenn der Hotelchef auch etwas geheimnisvoll tut, so viel lässt er doch durchblicken: Zur Bambi-Verleihung in der Metropolis-Halle werde wieder mit prominenten Hotelgästen gerechnet. Als Filmkulisse war das Hotel zwar hin und wieder zu sehen, zum Filmstar ist es jedoch noch nicht aufgestiegen.
Bei aller Runderneuerung, viele Mitarbeiter haben dem Hotel die Treue gehalten: Zum Beispiel Küchenchef Michael Häberer, der schon über 30 Jahre für ausgewählte Genüsse sorgt. Drei Mitarbeiter können sogar mit dem Hotel gemeinsam ihr 40-jähriges Berufsjubiläum feiern. Angela Gehnke als Empfangsmitarbeiterin gehört dazu. Sie wird als eine der Letzten einen modernisierten Arbeitsplatz bekommen. Im Empfangbereich wird die hohe Barriere zwischen Gästen und Mitarbeitern verschwinden. Marga Grützbach kann vielleicht auch noch von einer Neuerung profitieren, ehe sie in Rente geht. Das Hotel will in umweltfreundliche Technik investieren, unter anderem in eine Spülmaschine, die „fast ohne Wasser auskommt“, so Strohe. Seit vier Jahrzehnten sorgt Marga Grützbach für sauberes Geschirr und sieht sich als Herz der Hotelmaschinerie. „Wenn wir nicht spuren, würde alles zusammenbrechen“, meint sie nicht zu Unrecht. Monika Massel, ebenfalls 40 Jahre für das Hotel tätig, hat zwar den Chef und die Firma, aber nicht den Arbeitsplatz gewechselt. Sie arbeitet als Zimmermädchen und wurde von einer Fremdfirma übernommen.
Bei den Personalzahlen gab es die gravierendsten Veränderungen. Aus 400 Mitarbeitern zu DDR-Zeiten seien jetzt 60 geworden, sagt Strohe. Neue Technik und ein ganz anderer Einkauf machten es möglich. Im Interhotel wurde alles im Handbetrieb gemacht: eigene Patisserie, eigene Eisherstellung, eigene Schlachterei. 1969 seien laut Buchhaltung 600 Hasen, 240 Rehe und 2,1 Tonnen Forellen gekauft und verarbeitet worden, zählt Strohe auf. Er steht seit zwei Jahren dem Hause vor und möchte diesen Platz gern noch eine Weile ausfüllen. Die Debatten um einen Abriss des Hauses sieht er gelassen. Bis 2012 habe man einen Pachtvertrag. Als schönstes Geschenk zum Geburtstag habe die Stadt erst einmal die Bauarbeiten direkt vor der Tür beendet, sagt er.
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