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Landeshauptstadt: Wider, für und wider

Babelsberger SPD revidiert Beschluss im Kirsch-Konflikt erneut: Stadtverordneter soll Mandat niederlegen

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Babelsberg - So viele Babelsberger Sozialdemokraten sind schon sehr lange nicht mehr zu einer Mitgliederversammlung erschienen: Knapp 60 der 220 Babelsberger Genossen kamen am Donnerstagabend ins Kulturhaus – um unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Thema Wolfhard Kirsch zu diskutieren. Das Ergebnis des Abends scheint eindeutig: Nach mehr als drei Stunden Debatte forderten 40 SPD-Mitglieder ihren Stadtverordneten Kirsch auf, sein Mandat zurückzugeben. Sechs enthielten sich, 13 Babelsberger Genossen stimmten gegen den Beschluss, mit dem das jüngste Votum des Ortsvereins gekippt wurde. Denn erst eine Woche zuvor hatten sich die Mitglieder gegen den Fraktionsausschluss von Kirsch ausgesprochen – und damit wiederum einen Beschluss des Vorstands des Ortsvereins gegen Kirsch kassiert. Nun sind die Babelsberger Genossen also im vor mehreren Wochen entbrannten Streit um den Stadtverordneten Kirsch wieder „auf Linie“ mit der SPD-Spitze um Unterbezirkschef Rainer Speer und Fraktionschef Mike Schubert – gerade rechtzeitig, bevor am Montagabend die Fraktion über den Ausschluss von Kirsch entscheidet.

Doch es bahnt sich offenbar eine weitere Eskalation an: Kirsch soll Fraktionschef Schubert nach PNN-Informationen schriftlich mit einer Klage gedroht haben. Grund soll ein Beitrag über den Kirsch-Streit in einer Boulevardzeitung sein, in dem Schubert mit den Worten zitiert worden sein soll, Kirsch habe die Fraktion „belogen und betrogen“. Kirsch soll verlangt habe, dass der Fraktionschef diese vermeintliche Äußerung öffentlich zurückzieht. Schubert zeigte sich gestern „entrüstet“ darüber, dass diese Auseinandersetzung öffentlich geworden ist. Er wolle keinen Kommentar dazu abgeben. Auf die Frage, ob er gegen Schubert vorgehen werde, sagte Kirsch gestern: „Wir haben uns darauf verständigt, dass er das in Ordnung bringt.“

Dem Babelsberger Bauträger Kirsch wird von Parteifreunden vorgeworfen, als Eigentümer eines Grundstücks am Griebnitzsee seine privaten Interessen über die Verantwortung als Mandatsträger gestellt zu haben. Außerdem fühlten sich SPD-Mitglieder mehrmals von Kirsch getäuscht, da er sich für einen öffentlichen Uferweg am Griebnitzsee ausgesprochen hatte, aber gleichzeitig per Klage gegen die Stadt einen Zaun mit Toren auf seinem Grundstück über den Uferweg bis zum Wasser durchsetzen wollte. Einer Aufforderung der Stadtfraktion, sein Stadtverordnetenmandat niederzulegen, ist Kirsch bisher nicht nachgekommen. Daher leitete die Fraktion ein Ausschlussverfahren ein. Kirsch wollte auch die ihm zum Verbleib in der Fraktion gestellten Forderungen nicht erfüllen – darunter die Zusicherung eines freien Uferwegs per Grundbucheintrag. Zuletzt sorgte eine Passage in einer Klageschrift, verfasst von Kirschs Anwalt Christoph Partsch, für Aufregung. Darin werde das Handeln der Stadtverwaltung im Uferweg-Streit mit Nazi-Methoden verglichen, so der Vorwurf aus der SPD. Die entsprechende Formulierung soll wie folgt lauten: „Seit 1991 versucht die Antragsgegnerin (die Stadt, d.Red.), vertreten durch ihren Prozeßbevollmächtigten, die Errungenschaften des Nationalsozialismus und des Sozialismus in Form der Vergemeinschaftung (bei Grundstücken rassistisch Verfolgter auch Arisierung genannt) zu erhalten. Dieses galt in der Bundesrepublik lange Zeit als sittenwidrig.“ Dagegen legten Fraktionschef Schubert und Oberbürgermeister Jann Jakobs Beschwerde bei der Anwaltskammer ein.

Am schwersten im Konflikt wiegt aber offensichtlich die Haltung des Stadtverordneten Kirsch, die nach Ansicht vieler Genossen nicht mit der SPD-Programmatik für einen freien Uferweg übereinstimmt. Fraktionschef Schubert sieht dadurch die Glaubwürdigkeit der Potsdamer Sozialdemokraten in Gefahr. Kirsch könne gegen die Stadt klagen, auch als SPD-Mitglied, gibt der Babelsberger Ortsvereinschef Dieter Jetschmanegg die Meinung der Mehrheit vom Donnerstagabend wieder – aber nicht als politischer Mandatsträger: „Das passt nicht zusammen.“ Es sei ein Konflikt, der „nicht durch inhaltliche Kompromisse gelöst werden kann“. Kirsch selbst wollte sich zu der Babelsberger Mitgliederversammlung, an der er teilgenommen hat, gestern nicht äußern. Auch Fraktionschef Schubert wollte öffentlich nichts sagen. Unter den Teilnehmern sollen auch Finanzminister Rainer Speer, der Generalsekretär der Landes-SPD Klaus Ness, Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein und Landtagsabgeordnete Klara Geywitz gewesen sein – sie sind Mitglieder der Babelsberger SPD.

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