Landeshauptstadt: Widerstand gegen laxeren Baumschutz
Trotz Kritik hält das Baudezernat an dem Plan fest, dass Bäume in Potsdam leichter gefällt werden können
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Für das Fällen von Bäumen in Potsdam sollen künftig deutlich laxere Regeln gelten: An diesem umstrittenen Plan hält die Stadtverwaltung trotz heftiger Kritik von Naturschutzverbänden und aus der Politik fest. Das geht aus einem aktualisierten Entwurf für eine neue Potsdamer Baumschutzverordnung hervor, der bereits an die Fraktionen im Stadtparlament weitergeleitet wurde und den PNN vorliegt.
Ein zentraler Punkt des geplanten Regelwerks ist, dass das Fällen von Bäumen mit einem Umfang von bis zu 60 Zentimetern nicht mehr genehmigt werden muss. Bisher lag die Grenze bei 30 Zentimeter Umfang. Ebenso sollen Bäume nicht mehr geschützt sein, die sich in öffentlichen Parks, auf Friedhöfen oder im Umkreis von vier Metern um Wohngebäude befinden – dort könnten Bäume also ohne Genehmigung abgehackt werden. Wegfallen soll auch die bisherige Verpflichtung, dass Grundstückseigentümer ihre Bäume pflegen und vor Schäden schützen sollen.
All diese Lockerungen befanden sich bereits in einem ersten Entwurf für die Schutzsatzung, den die PNN im März bekannt gemacht hatten. Damals hatte die Stadtverwaltung erklärt, es handele sich um ein Papier, das noch nicht final abgestimmt sei. Mit ähnlicher Begründung war später im Umweltausschuss der Stadtverordneten ein Antrag der Fraktion Die Andere auf Beibehaltung der geltenden Baumschutzverordnung vertagt worden.
Doch nennenswerte Änderungen an den schon damals kritisierten Neuregelungen gibt es auch jetzt nicht. Insofern muss die Stadtverwaltung – federführend ist das Baudezernat von Dezernent Matthias Klipp (Grüne) – nun Kritik einstecken. So erklärte Grünen-Fraktionschef Peter Schüler am Dienstag auf PNN-Anfrage, seine Partei habe mehrere Punkte ausgemacht, „die bei uns auf äußerste Skepsis stoßen und die wir mit großer Sorge betrachten.“ Dazu gehöre die besagte laxere 60-Zentimeter-Genehmigungsgrenze zum Fällen – und laut Schüler auch der abgeschaffte Schutz für Bäume in Parks.
Letzteres wird auch von der SPD kritisiert. „Wir möchten, dass für diesen Punkt die bisherige Regel erhalten bleibt“, sagte SPD-Fraktionsvize Pete Heuer, bis vor der Kommunalwahl auch Vorsitzender des Umweltausschusses. Bisher kann zum Beispiel die Schlösserstiftung bei der Stadt beantragen, dass sie einzelne Bereiche ihrer Parks von den geltenden Baumschutzregeln befreit – dafür musste sie aber jeweils ein umfangreiches Pflegekonzept für die fraglichen Areale vorlegen. Diese Maßgabe soll mit der neuen Verordnung komplett entfallen. Die Stadt argumentiert unter anderem damit, dass die historischen Gärten in Potsdam und ihre Bäume ohnehin vom brandenburgischen Denkmalschutz erfasst würden.
Doch gegen diese Auffassung gibt es nicht nur in der Politik Bedenken. Kritik kommt etwa vom brandenburgischen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Dieser hatte bereits den ersten bekannt gewordenen Entwurf der Baumschutzsatzung heftig kritisiert – die neue und kaum veränderte Fassung stößt daher ebenso auf wenig Gegenliebe. „Unsere Argumente von damals gelten weiter“, sagte Christine Arndt, die beim BUND als Expertin für Baumschutzregeln in der Mark arbeitet. Auch sie kritisiert etwa die Aufhebung des Baumschutzes für Parks – damit könnten auch Fällungen im Volkspark vorgenommen werden, ohne dort nachpflanzen zu müssen. Solch eine Regelung sei bisher einmalig in Brandenburg, so Arndt.
Die Stadtverwaltung verteidigt ihr Vorgehen. In einem weiteren Schreiben des Baudezernats an die Fraktionen heißt es, mit den neuen Regeln würden die Eigenverantwortlichkeit der Bürger gestärkt und Bearbeitungszeiten in der Verwaltung reduziert. Zudem passe man das Regelwerk einer geänderten Rechtslage an, die sich durch diverse Gerichtsurteile ergeben habe. So sei die besagte Fällgenehmigungsgrenze von 30 Zentimetern Stammumfang für einen Baum mit Blick auf die Rechte von Grundstückseigentümern „unverhältnismäßig“, erklärt die Bauverwaltung – und beruft sich etwa auf eine Entscheidung des Potsdamer Verwaltungsgerichts aus dem Jahr 2010, wonach sich der Schutz von Landschaftsbestandteilen auf das „Erforderliche“ zu beschränken habe. Dieser Auffassung liege der Gedanke zugrunde, dass Bäume erst ab einer gewissen Größe nennenswerte ökologische Vorteile für ihre Umgebung ausstrahlen würden, so die Bauverwaltung.
SPD-Mann Heuer kritisierte, solche Urteile und ihre schriftlichen Begründungen stünden den Fraktionen bisher nicht zur Verfügung – das müsse die Verwaltung für die anstehende Debatte noch nachholen. Ohnehin müssen die Stadtverordneten der Verordnung noch ihren Segen geben – oder die Regeln wieder verschärfen.
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