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Bezahlte Werbung. Auch dafür soll die geplante Tourismusabgabe gut sein: Werbeschilder in Potsdam. Vor allem soll sie aber dafür sorgen, dass der Eintritt für den Park Sanssouci frei bleibt. Bringt die Stadt die Abgabe nicht auf den Weg, müssten Parkbesucher bald zwei Euro pro Besuch zahlen.

© Andreas Klaer

Potsdam: Widerstand gegen Tourismusabgabe

Potsdams Innenstadthändler fürchten sich vor den Kosten. Die AG Innenstadt rechnet mit zahlreichen Gerichtsverfahren – und der Tourismusverband regt eine Debatte über freiwillige Modelle an.

Stand:

Potsdam - Potsdams Innenstadthändler hadern mit der geplanten Tourismusabgabe. Bei einer Unterschriftensammlung der AG Innenstadt haben sich innerhalb von nur zwei Wochen bereits 172 Gewerbetreibende im Gebiet rund um die Brandenburger Straße und das Holländische Viertel gegen die geplante Abgabe ausgesprochen. Das sagte Wolfgang Cornelius, Vorsitzender der AG Innenstadt, jetzt den PNN. Damit macht sich schon vor dem 17. Dezember der Ärger der Unternehmer in der Stadt breit. An diesem Tag will das Potsdamer Rathaus mit den Gewerbetreibenden, aber auch mit Politikern und Verbänden erstmals über die Abgabe beraten.

„Wir haben in der Innenstadt keinen Unternehmer getroffen, der die Idee gut fand“, sagte Cornelius. Das sei kaum verwunderlich, würden doch Hoteliers, Gastronomen und Händler dort am stärksten zur Kasse gebeten, da sie unmittelbar von den Touristen profitieren. Aber auch alle anderen Gewerbetreibenden stadtweit – und dazu gehören auch Apotheker, Taxiunternehmen, Friseure oder Imbissbesitzer – müssen sich auf die Kosten der zusätzlichen Abgabe einstellen.

Die Tourismusabgabe – offiziell heißt sie Fremdenverkehrsabgabe – soll die Aufwendungen der Stadt für den Tourismus decken, so für Werbung und Hinweisschilder. Vor allem aber soll die Abgabe dafür sorgen, dass der Park Sanssouci eintrittsfrei bleibt. Nur wenn die Stadt bis Juni 2013 eine von den Stadtverordneten beschlossene Satzung für eine Tourismusabgabe vorlegen kann, verzichtet die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten darauf, pro Besuch im Park Sanssouci zwei Euro Eintritt zu erheben. Ab 2014 soll die Stadt dafür eine Million Euro jährlich an die Schlösserstiftung überweisen. Das Geld soll in die Grünpflege fließen.

„Viele Unternehmer haben sich noch gar nicht mit dem Thema vertraut gemacht“, sagte Cornelius. Zudem verschweige die Stadt die Höhe der Abgabe. Selbst kleinere Läden in der Innenstadt müssten mit mehreren Hundert Euro pro Jahr rechnen. Er geht davon aus, dass viele Unternehmer vor Gericht ziehen. „Es gibt tausend Möglichkeiten, sich ungerecht behandelt zu fühlen.“ Weil auch der Verwaltungsaufwand für die Stadt enorm sei, lehnt er die Tourismusabgabe ab und rät stattdessen zum Parkeintritt.

Wer wie viel bezahlen soll, sei hingegen noch gar nicht geklärt, sagt Stadtsprecher Stefan Schulz. „Das soll Gegenstand der Beratungen sein.“ Erstmalig überhaupt sei eine so große Kommune mit der Einführung einer Tourismusabgabe befasst. Tatsächlich ist der Verwaltungsaufwand hoch: Mindestens vier Vollzeit-Kräfte sollen die Umsätze der knapp 15 000 Potsdamer Unternehmer ermitteln, um die Abgabe zu berechnen. Trotzdem soll sie etwa 1,5 bis 2 Millionen Euro in die Kasse spülen – abzüglich der Aufwendungen, sagt Schulz.

Ein Blick in andere Brandenburger Städte zeigt: Die Tourismusabgabe lohnt sich. So nimmt die 17 000 Einwohner starke Stadt Lübbenau im Spreewald jährlich 250 000 Euro ein, sagte Kämmerin Ute Radnitz. Zum Vergleich: Potsdam zählt 158 000 Einwohner, Tendenz steigend. Schon im Jahr 1995 haben die Spreewälder die Abgabe eingeführt. „Wir haben bestimmt 20 Gerichtsverfahren führen müssen.“ Nicht jeder Dachdecker habe eingesehen, warum auch er vom Tourismus indirekt profitiere. Alle Klagen wurden abgewiesen, sagte Radnitz. „Die Satzung ist wasserfest.“ Inzwischen hätten sich die Gewerbetreibenden in der Stadt mit der Abgabe arrangiert, weil sie sehen, dass das Geld zur Sanierung der Altstadt, für neue Wanderwege oder neue Brücken ausgegeben wird. Auch die Kosten sind klar definiert, so muss der Besitzer einer Pension bei einem Jahresumsatz von 20 000 Euro rund 200 Euro an die Kommune abgeben.

Auch der Deutsche Tourismusverband rät Potsdam deshalb zu der Tourismusabgabe als „rechtssicheres und dauerhaftes Modell“. Das sagte Hauptgeschäftsführerin Claudia Gilles gegenüber den PNN. Die Abgabe verspreche Sicherheit und Gerechtigkeit, da die Tourismus-Kosten auf viele Schultern verteilt werden. Dennoch sollte Potsdam abwägen, ob sich auch ein freiwilliges Modell rechnen würde, wie es in Nürnberg, Rostock oder München zur Anwendung kommt, sagte Gilles. Das Prinzip dort: Für jeden Euro aus der Tourismuswirtschaft zahlt etwa die Stadt Nürnberg einen Euro dazu. In Rostock läuft das Modell, ohne dass die Kommune aufstockt. Beides funktioniert in einem gewissen Rahmen, weil die Einzahler mitbestimmen, wo das Geld hingeht, sagt Gilles. Im Prinzip könne die freiwillige Abgabe Ärger ersparen.

Darauf setzt auch Wolfgang Cornelius. Mit der AG Innenstadt will er weiter gegen die Tourismusabgabe kämpfen und deshalb die Unterschriftenaktion auf die gesamte Stadt ausweiten.

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