Landeshauptstadt: Wie bei den Großeltern
Ein Arztbesuch in Madrid wird zur Zeitreise für die Studentin Carlotta
Stand:
Warme Metrostationen, kalte klimatisierte Metros, warme Tage und kalte Nächte – schnell habe ich mich in Madrid erkältet. Ich ging zum Arzt. Ohne Termin komme ich in die Praxis des spanisch-englischen Arztes. Sie ist groß, schön, die Dame am Empfang mit Headset beiläufig freundlich. Ich darf im großen Wartezimmer mit riesigen bequemen Sofas Platz nehmen und trage alle meine Daten in ein Formular ein. Nach wenigen Minuten kommt der Arzt. Kein weißer Kittel, sondern schicker Anzug mit Krawatte. Ich werde in das Behandlungszimmer oder eher Büro geführt. Ob ich ein Glas Wasser oder etwas anderes trinken möchte? Nein, danke. Ich fühle mich wie zu Besuch bei den Großeltern. Das Büro ist in dunklen Möbeln eingerichtet, nur eine Liege und ein kleiner Tisch mit Medikamenten und Stethoskop zeigen, dass ich tatsächlich in einer Arztpraxis bin. Der Doktor setzt sich, checkt noch mal sein iPhone und holt dann ein leeres Papier hervor. Mein Name und Alter werden die Überschrift für ein Gekritzel aus Spanisch und Englisch mit meinen Symptomen. Nochmals muss ich alle meine Daten angeben, die ich soeben in das Formular der Empfangsdame eingetragen habe – spanischer Stil, nehme ich an. Ungefähr zwanzig Minuten werde ich über Krankheiten, Symptome und Krankheitsgeschichte in der Familie ausgefragt.
Eine edle Schreibunterlage aus Holz, alte Bücher im Regal, ein Mamorpferd als Buchhalter – inzwischen fühle ich mich wie nach einer Zeitreise. Ich werde weitere zwanzig Minuten untersucht. Danach setzen wir uns wieder an den Tisch. Kein Computer, keine rosa Rezeptzettelchen für die Apotheke. Nein, wieder leeres Papier, diesmal mit dem Logo der Praxis. Kurz darauf halte ich acht verschiedene Zettel in der Hand, auf jedem die Beschreibung eines Medikaments, das ich nehmen soll. Einer der vielen Zettel zeigt die Mailadresse und Handynummer des Arztes. Ich soll mich melden, wenn es besser wird und Bescheid geben, wie die Medikamente wirken, ihn einfach auf dem Laufenden halten. Danach werde ich den Gang runter in das Zimmer für Verwaltung gebracht. Ich bekomme die Rechnung für die Behandlung und bezahle mit der Karte. Nach einer Stunde verlasse ich die Praxis und fühle mich schon gesünder als vorher.
Regelmäßig berichten Schüler und Studenten von ihrem Leben im Ausland. Die 21-Jährige Carlotta During ist Potsdamerin und studiert derzeit in Madrid.
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