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STREIT UM FH-UMZUG: „Wie ein Elefant im Porzellanladen“

Baudezernent Klipp hat vehement dafür plädiert, dass die Fachhochschule doppelt umziehen soll. Jetzt muss er dafür Kritik einstecken

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Innenstadt – Im Streit um den von der Stadtverwaltung geforderten Umzug der Fachhochschule (FH) ins Rechenzentrum gerät Potsdams Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) zunehmend in die Defensive. Die SPD kritisiert dessen öffentliches Auftreten, die FH droht angesichts des Tonfalls von Klipp mit Konsequenzen in ihrem Verhältnis zur Stadt.

Potsdams SPD-Chef Mike Schubert erklärte nach einer Fraktionssitzung der Sozialdemokraten am Dienstag, das „unbeherrschte Auftreten“ von Klipp sorge einmal mehr für Verärgerung. „Der Baubeigeordnete benimmt sich mal wieder wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen“, erklärte Schubert. Zum wiederholten Male habe Klipp in Fragen der Stadtentwicklung offenen Streit angezettelt, erinnerte Schubert – und nannte als Beispiele einen Brandbrief von Klipp gegen die inzwischen beendete Sanierung des Bildungsforums oder die Forderung des Beigeordneten, das Hotel Mercure abreißen zu lassen. „Dieses Vorgehen zieht sich wie ein roter Faden durch die Amtszeit“, sagte Schubert und verwies auch auf die von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erteilte offizielle Rüge, die sich Klipp vor zwei Jahren eingefangen hatte – als er in eine Pressekonferenz seines Beigeordnetenkollegen Burkhard Exner (SPD) platzte und diesem vor Journalisten eine nicht nachhaltige Haushaltspolitik vorwarf. Schubert warnte, mit der aktuellen Debatte bringe Klipp den Grundkonsens in der Potsdamer Bürgerschaft in Gefahr, das alte FH-Gebäude für die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte abzureißen.

Zuletzt hatte Klipp mehrfach öffentlich gefordert, die FH mit ihren rund 1500 Studierenden vom Alten Markt provisorisch ins Rechenzentrum in der Breiten Straße zu verlegen. Damit soll das FH-Gebäude schon vor 2017 abgerissen werden. Eigentlich hatte der DDR-Bau schon vor zwei Jahren planiert werden sollen. Seitdem gab es mehrfach Verzögerungen, weil der aktuell für 2017 vorgesehene Ersatzbau für die FH an ihrem Campus in der Pappelallee nicht vorankommt. Die Stadt macht Druck, weil durch das FH-Gebäude private Investitionen in der Mitte blockiert würden – anstelle des DDR-Baus sollen Wohn- und Geschäftshäuser entstehen. Zudem drohe durch die Verzögerung der Verfall von mehr als 13 Millionen Euro Fördermitteln. Zunächst hatte die Stadt die Pläne hinter verschlossenen Türen mit dem Land Brandenburg und der FH verhandelt, erst die PNN hatten sie vor gut einer Wochen öffentlich gemacht. Danach hatte Klipp vor Journalisten flankierend erklärt, eine Interimslösung für die FH-Studenten und –Professoren dürfe keine Frage der Bequemlichkeit sein: „Wir können die Entwicklung der Potsdamer Mitte nicht davon abhängig machen, ob man einige Minuten mehr zwischen zwei Hochschulstandorten unterwegs ist.“

Auch bei Klipps Parteifreunden kommt dieser Tonfall nicht gut an. Solche Äußerungen seien für die Diskussion nicht dienlich, sagte Grünen-Fraktionschef Peter Schüler: „Die Entwicklung der Mitte wird nicht daran scheitern, dass die FH-Grundstücke eineinhalb Jahre später vermarktet werden können.“ Die Zumutung eines Doppelumzugs für die FH und ihr Personal sei nicht gerechtfertigt, so Schüler. Die Linke-Landtagsabgeordnete und Noch- Gesundheitsministerin Anita Tack teilte mit, die Forderungen aus der Stadtverwaltung an die FH seien „völlig inakzeptabel“. Sie kritisierte, die Stadt wolle viel Geld für ein völlig ungeeignetes Provisorium ausgeben: „Die dann ungenügenden Studienbedingungen werden völlig außer Acht gelassen. Das ist würdelos den Studierenden gegenüber.“ Linke-Kreischef Sascha Krämer teilte mit, die Potsdamer Studenten dürften nicht zum Spielball für Klipps barocke Träume werden.

Auch in der FH – in der man sich ohnehin heftig gegen einen Doppelumzug sträubt – ist man von Klipps Ton irritiert. Bereits vergangene Woche hatte FH-Chef Eckehard Binas gesagt, seine Einrichtung fühle sich in die Enge getrieben. Sprecherin Birgit Lißke sagte am Dienstag, die Art und Weise des Vorgehens der Stadt belaste die Kooperation zwischen der Einrichtung und der Stadt. Unter anderem haben mehrere FH-Studiengänge der Stadt schon in Bereichen wie Kulturmarketing sowie bei Verkehrs- und Architekturplanungen geholfen. Lißke sagte, mit der Debatte werde die Bereitschaft für künftige gemeinsame Projekte mit der Stadtverwaltung in Mitleidenschaft gezogen. Es sei aber nicht geplant, laufende Kooperationen zu stoppen, so die Sprecherin.

Der Angegriffene zog es am Dienstag vor, zu schweigen. Stadtsprecher Stefan Schulz teilte den PNN mit, persönlich werde Klipp keine Stellung nehmen – etwa zur Kritik der SPD. Zugleich verteidigte er die Planungen: Die Stadt erfülle damit nur einen Auftrag aus der Arbeitsgruppe mit dem Land zur FH. „Angesichts der Tragweite eines Entwicklungsstopps in der Mitte suchen wir dringend nach Lösungen.“ So will die Stadt schon ab 2015 die Grundstücke auf dem FH-Gelände vermarkten – anstelle des maroden Baus sind Wohn- und Geschäftshäuser geplant.

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